Adrian Daub: Cancel Culture Transfer. Wie eine moralische Panik die Welt erfasst
Berlin, Suhrkamp 2023
In seinem gleichnamigen Buch über die „Cancel Culture" untersucht Adrian Daub, wie der Begriff in den Medien konstruiert wird und vertritt die These, dass dieser Konstruktion eine „moralische Panik“ zugrunde liege. Unserem Rezensenten Thomas Mirbach erscheint die Einordnung dieser Meinungsbeiträge als Versuche einer Verteidigung von Privilegien plausibel. Dass Daub dabei den Begriff vor allem mit deutschen Feuilleton-Debatten in Verbindung bringt, ist Mirbach zufolge jedoch ebenso wenig überzeugend, wie die Engführung der Kritik von Privilegien auf die „Schreibenden“.
Hajo Funke / Walid Nakschbandi: Deutschland – Die herausgeforderte Demokratie
... Wegmarken, die die politische Kultur prägten. Dabei sind die Kapitel stärker chronologisch als thematisch konzipiert, was allerdings Überschneidungen nicht ausschließt. Im ersten Teil wird ein kurzer ......Hans Kundnani: Eurowhiteness. Culture, Empire and Race in the European Project
London, Hurst & Company 2023
Die EU verdrängt ihre koloniale Vergangenheit und europäische Identität ist nicht das Gegenteil von Nationalismus. So lassen sich zwei zentrale Thesen des vorliegenden Buchs zusammenfassen. Daniel Keil lobt Kundnanis Leistung, offenzulegen, wie stark die positive Selbstbeschreibung Europas als fortschrittlich mit dem historischen Fakt kollidiere, dass die Abgrenzung zu Nicht-Weißen entscheidend zur Herausbildung der europäischen Idee beigetragen habe. Kritisch sieht Keil hingegen Kundnanis Analyse der europäischen Erinnerungspolitik, die auf einem ungenauen Verständnis des Begriffs „Zivilisationsbruch“ beruhe.
Jeffrey Mankoff: Empires of Eurasia. How Imperial Legacies Shape International Security
Empires of Eurasia. How Imperial Legacies Shape International Security
New Haven, Yale University Press 2022
Jeffrey Mankoff versucht hier anhand vergangener Auseinandersetzungen den außenpolitischen Status quo folgender Länder mit der jeweiligen imperialen Vergangenheit zu erklären: China, Russland, Türkei und Iran. Das Ergebnis des Buchs, wonach ihnen allen der Gedanke, über den eigenen Nationalstaat hinaus ‚besonders“ zu sein, weiter anhafte, hat Rainer Lisowski ausführlich rezensiert. Die sich hier ergebenen sicherheitspolitischen Herausforderungen reichten in ihrem Spektrum von regionalen Bedrohungen bis zur Absage an die Legitimität der westfälischen Staatenordnung.
Martha Nussbaum: Königreich der Angst. Gedanken zur aktuellen politischen Krise
Königreich der Angst. Gedanken zur aktuellen politischen Krise
Darmstadt, WBG Theiss 2019
Der Wahlsieg von Donald Trump 2016 war der Auslöser für Martha Nussbaums Buch, denn – so ihre Wahrnehmung – die Gesellschaft der USA sei von einer vielgestaltigen Angst durchdrungen. Die Autorin befasst sich mit dem Zusammenhang von Angst und anderen Emotionen wie Wut, Ekel und Neid. Eine differenzierte Analyse der sozialen Voraussetzungen einer politischen Mobilisierung von Emotionen wird nicht geboten, wie Thomas Mirbach festhält. Vielmehr entwickelt Nussbaum eine ideengeschichtlich gestützte Phänomenologie basaler Emotionen, die destruktive Effekte für die Demokratie entwickeln können.
Pippa Norris / Ronald Inglehart: Cultural Backlash. Trump, Brexit, and Authoritarian Populism
Cultural Backlash. Trump, Brexit, and Authoritarian Populism
Cambridge University Press 2019
„It is the triumph of fear over hope” (8), konstatieren die US-amerikanischen Politikwissenschaftler Pippa Norris und Ronald Inglehart hinsichtlich der jüngsten Erfolge durch autoritäre Populisten in zahlreichen Ländern weltweit. Phänomene wie Trump oder Brexit führen sie darauf zurück, dass in westlichen Gesellschaften kulturspezifische Konflikte zwischen Generationen ausgetragen werden. Solche „heißen Kulturkriege“ würden über die nächsten Jahre Politik und Gesellschaft weiter spalten, so die Prognose, die vor allem mit Blick auf die US-amerikanische Politik erörtert wird.
Thomas Franke: Russian Angst. Einblicke in die postsowjetische Seele
Russian Angst. Einblicke in die postsowjetische Seele
Hamburg, edition Körber-Stiftung 2017
Das Panorama der politischen Kultur Russlands schildert Thomas Franke als eines, das von Angst, Unfreiheit, Indoktrination, Rassismus und Gewalt gezeichnet ist. Während einige weiterhin für ein freies Leben in einer Demokratie arbeiten, haben sich andere scheinbar mit dieser postsowjetischen Realität angefunden oder sind gar bereit, diese zu verteidigen. Und so ist die Gesellschaft von Angst geprägt – und diese Angst werde von Putin und seiner Clique gebraucht, um mächtig zu bleiben: „Angesichts des Versagens bei der Modernisierung der Wirtschaft und Gesellschaft wären ihre Tage sonst gezählt.“