Kommt es zur Konfrontation mit China? Donald Trump hat sich auf der Basis strittiger Annahmen positioniert
07.02.2017In den Analysen der Wahlkampfaussagen und mit einer der ersten Amtshandlungen von Donald Trump zeigt sich, dass seine Haltung gegenüber China ein zentrales Thema seiner Präsidentschaft sein wird. Bereits im Wahlkampf war die Volksrepublik eine bevorzugte Zielscheibe, machte er sie doch wesentlich für den Niedergang des industriellen Sektors in den USA (mit-)verantwortlich. Eines seiner großen Wahlkampfversprechen ist, von dort Arbeitsplätze zurückzuholen. Die damit avisierte protektionistische Wirtschaftspolitik steht dabei in einem größeren Kontext: Kaum im Amt, erteilte Trump dem geplanten Handelsabkommen TPP (Transpazifische Partnerschaft) eine Absage – damit sollte nach Vorstellung der Obama-Administration Chinas Einfluss im pazifischen Raum zurückgedrängt werden, es dem Land aber möglich sein, sozial- und wirtschaftspolitisch aufzuschließen. Trump hat sich grundsätzlich gegen den freien Handel positioniert und will in bilateralen Abkommen sein Motto „America first“ umsetzen.Alltag in New York: Geworben wird für Elektronik, die in Asien gefertigt wird. Foto: Marco RöpkeNeben den wirtschaftlichen Beziehungen existiert aber noch ein weiteres Politikfeld von höchster Brisanz: die Sicherheit im asiatisch-pazifischen Raum. Wesentliche Themen sind der ungehinderte Schifffahrtsverkehr und damit die Sicherung von Handelsrouten, die Zugehörigkeit einiger Felsen und Inselgruppen im Ost- und Südchinesischen Meer zu China oder anderen Staaten sowie vor allem die (unabhängige) Existenz Taiwans. Während die Volksrepublik strikt an der Ein-China-Politik festhält, scheint sich Trump – so könnte sein Telefonat mit der taiwanesischen Präsidentin unmittelbar nach seinem Wahlerfolg interpretiert werden – seine Position zwecks Verhandlungsmasse noch aussuchen zu wollen.
Im Folgenden sind einige Analysen aufgeführt, die unmittelbar nach dem Wahlerfolg Trumps und nach seiner Amtsübernahme auf den Websites ausgewählter Thinktanks erschienen sind: Brookings Institution, Carnegie Endowment for International Peace, Chatham House und Foreign Affairs begleiten die Entwicklung intensiv. Auffällig ist insgesamt zum einen die große Besorgnis vor unkalkulierbaren Folgen möglicher Entscheidungen von Präsident Trump, zum anderen aber auch die Hoffnung, der chinesische Staatspräsident Xi Jinging möge seine Politik stärker internationalen Standards anpassen und auf den neuen US-Präsidenten besonnen reagieren.
Salvatore Babones
Trump's Gift to China. What Beijing Stands to Gain From His Policies
Foreign Affairs, Snapshot, 16. November 2016
Der Autor, der an der University of Sydney lehrt, entlarvt zunächst den Vorwurf Trumps, China manipuliere seine Währung, als Lüge und erklärt den wirtschaftspolitischen Kontext der chinesischen Währungspolitik. Trumps Drohung, einen Handelskrieg mit China zu beginnen, bricht er auf eine praktikable Zollpolitik herunter und erläutert schließlich, dass der neue US-Präsident der Volksrepublik mit der Absage an TPP das größte Geschenk überhaupt gemacht hat, weil damit die USA ihren Einfluss im pazifischen Raum freiwillig selbst beschränken.
Jeffrey A. Bader
U.S.-China challenges: Time for China to step up
Brookings Institution, Report, 12. Januar 2017
Die angekündigte Außenwirtschaftspolitik und Infragestellung der Anerkennung der Ein-China-Maxime durch Trump sei mehr als das übliche Gepolter nach einem Wechsel im Amt des US-Präsidenten, schreibt der China-Experte Bader in seiner ausführlichen Analyse. Nachdem er sich in einigen Beiträgen bereits der Trump-Administration gewidmet hat, empfiehlt er der Volksrepublik nun, entgegen der bisherigen Gewohnheit selbst initiativ zu werden, um den Risiken einer sich verschlechternden amerikanisch-chinesischen Beziehung entgegenzuwirken. So sollte China eine Neuverhandlung des bestehenden bilateralen Handelsabkommens anregen, um die Wirtschaftsbeziehungen fair der Tatsache anzupassen, dass es erst in der Zeit nach dessen Abschluss zur zweitgrößten Ökonomie der Welt geworden ist. Dabei hätte sich auch China weiter zu liberalisieren, wobei die Verhandlungen in den Kontext der WTO gestellt werden sollten. Die zweite Empfehlung Baders bezieht sich auf die Sicherheitspolitik: Da sogar Xi Jinping Nordkorea als tickende Zeitbombe sehe, sollte China dort seinen Einfluss geltend machen und zugleich den Versuch aufgeben, zwischen den USA und Nordkorea austarieren zu wollen: Nordkorea müsse wieder frei von Atomwaffen werden. Sorgenvoll betrachtet Bader außerdem, dass die Gebietsansprüche Chinas im Südchinesischen Meer zunehmend zum Konflikt werden. China sollte hier das internationale Seerecht akzeptieren, an Verhandlungen teilnehmen und einem Abkommen zur Reduzierung des Militärs in der Region zustimmen. In der Taiwan-Frage empfiehlt Bader der Volksrepublik, keine Entscheidung erzwingen zu wollen.
Weitere Informationen zum Autor und zu seinen Publikationen:
https://www.brookings.edu/experts/jeffrey-a-bader/
Brookings Institution
Trump and Asia Watch
Der Thinktank hat unter dem Titel „Trump und Asia Watch“ einen Themenschwerpunkt angelegt, der fortlaufend gepflegt wird. Neben den Beziehungen zu China und dessen Wahrnehmung durch die Trump-Administration wird auch die Politik gegenüber Nordkorea gespiegelt sowie ein Blick auf die Meinung geworfen, die in Asien über die USA besteht.
Edoardo Campanella
Will China Trump Trump? Antagonizing Beijing for Short-Term Gains
Foreign Affairs, Snapshot, 14. November 2016
Der Ökonom schreibt mit Blick auf die von Trump geplante Wirtschaftspolitik, es sei in der Weltgeschichte kein Nachweis erbracht worden, dass Protektionismus zum Reichtum eines Landes beitrage. Im Gegenteil, diese Politik sei konfliktträchtig und negiere historische Prozesse sowie globale Wertschöpfungsketten, die fest etabliert seien. Zudem nehme nicht einmal Trump an, dass China auf seine protektionistische Politik nicht reagieren werde – und das vor dem Hintergrund, dass beispielsweise General Motors in jedem Jahr zwischen 2010 und 2014 in China mehr Autos verkauft habe als auf dem heimischen US-Markt. „China is too big a market for the Unites States to lose access to in the name of restoring a handful jobs.“ Vor allem sollten die USA bei allen geplanten Maßnahmen unbedingt die WTO-Regeln befolgen, auch um einen größeren Schaden der Weltwirtschaft zu vermeiden.
Paul Haenle / Zhao Hai
Electing Donald Trump: The View From China
Carnegie Endowment for International Peace, 10. November 2016
In dem halbstündigen Podcast spricht Paul Haenle, Direktor des Carnegie-Tsinghua Center for Global Policy mit Zhao Hai vom National-Strategischen Institut der Universität Tsinghua über die erste Reaktion auf die Wahl von Donald Trump und deren Implikationen für die Beziehungen zwischen den USA und China. Zhao erläutert, dass die chinesische Wissenschaftscommunity gespalten sei in ihren Prognosen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Diejenigen, die sich mit geopolitischen Fragen beschäftigten, hofften auf einen Rückzug der USA aus dem asiatisch-pazifischen Raum; chinesische Ökonomen befürchteten hingegen Probleme durch eine protektionistische Handelspolitik Trumps. Zhao selbst sieht die besten Bedingungen für die weiteren Beziehungen dann gegeben, wenn sich in der Trump-Administration ein pragmatischer Kurs durchsetzen würde.
Paul Haenle / Douglas H. Paal / Yuan Peng / Claire Reade / Da Wei / Zhao Hai
U.S.-China Relations Under a New American Administration
Carnegie Endowment for International Peace, 14. November 2016
In dem kurzen Beitrag werden die Ergebnisse einer Diskussionsrunde in der Reihe Carnegie Global Dialogue Series 2016-2017 zusammengefasst, die das Carnegie-Tsinghua Center for Global Policy gemeinsam mit den China Institutes of Contemporary International Relations veranstaltet hat. Interessant ist die Feststellung, dass mehr und mehr chinesische Analysten davon überzeugt seien, dass ihr Land eher von einer Trump- als von einer Clinton-Administration profitiere.
Paul Haenle / Claire Reade
U.S.-China Trade Relations in the Trump Era
Carnegie Endowment for International Peace, 23. November 2016
In dem 30-minütigen Podcast spricht Paul Haenle mit der Wissenschaftlerin und Politikberaterin Claire Reade in einem größeren Bogen über Vergangenheit und Zukunft der amerikanisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen, wobei Reade aus eigener Anschauung berichtet. Zu den besprochenen Themen gehören der Prozess, mit dem China in internationale Institutionen eingebunden worden ist, sowie die Erfahrungen der Obama-Administration.
Yukon Huang
Was China Wishing for a Trump Victory?
Carnegie Endowment for International Peace / Financial Times, 11. November 2016
„Be careful what you wish for”, schreibt der Wissenschaftler im Rückblick auf die erste chinesische Annahme während des US-Wahlkampfes, dass von Trump – im Gegensatz zu seiner außenpolitisch erfahrenen Konkurrentin Hillary Clinton – wenig Einmischung in die Angelegenheiten der Volksrepublik zu erwarten sei. Da sie sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzte, sei Clinton von der Kommunistischen Partei als ideologische Politikerin wahrgenommen worden. Trumps Ankündigung dann, für chinesische Produkte Zölle in Höhe von 45 Prozent erheben zu wollen, habe ihn als irrationalen Typen erscheinen lassen – allerdings sei man es in China schon lange gewohnt, dass sich Präsidentschaftskandidaten in einer strikten Haltung gegenüber China gegenseitig überböten. Nach der Wahl sei die Zukunft im pazifischen Raum sowohl mit Blick auf die wirtschaftlichen Beziehungen als auch in sicherheitspolitischer Hinsicht ungewiss. Nicht auszuschließen sei, dass Unsicherheiten über US-amerikanische Sicherheitsgarantien Länder wie Japan und Süd-Korea verleiten könnten, auf eigene Atomwaffen zu setzen. Unklar sei, welche Politik China nun verfolgen werde.
Yukon Huang
China Trade Realities for the Trump Administration
Carnegie Endowment for International Peace / Wall Street Journal, 16. November 2016
Yukon Huang stellt heraus, dass China nicht deshalb zur zweitgrößten Ökonomie geworden ist, weil es – wie von Trump unterstellt – seine Währung manipuliere und vom Handelsdefizit der USA profitiere. Grundlage des Aufstiegs sei vielmehr die Integration in die WTO sowie die Einbindung in ostasiatische Produktionsketten. Durch diese sich über verschiedene Länder erstreckenden Fertigungsprozesse lasse sich kaum feststellen, wo die Waren, die in den amerikanischen Geschäften ausliegen, hergestellt werden – China sei häufig nur die letzte Station in der Verarbeitung.
Yukon Huang
Trump and U.S.-China Trade Tensions
Carnegie Endowment for International Peace / US China Focus, 23. November 2016
Der Wissenschaftler vertieft die Ausführungen aus seinem vorherigen Artikel mit einigen Daten und zeigt, dass die Handelsbilanzen Chinas und der USA nicht direkt miteinander korrespondieren. Ein Defizit wie im Falle der USA sei in erster Linie innenpolitischen Entwicklungen und Entscheidungen geschuldet. Der Rückgang von verarbeitenden Arbeitsplätzen in den USA sei mit der technischen Modernisierung sowie dem globalen Angebot an Arbeit zu niedrigen Löhnen zu erklären, nicht nur in China, sondern zum Beispiel auch in Indien, Mexiko oder Vietnam. Diese Entwicklung sei nicht umzukehren. Die westlichen Länder seien daher aufgefordert, nach vorne zu blicken und für sich die positiven Effekte der Globalisierung zu nutzen.
Frank Lavin
Trading Up With China. How Trump Can Back U.S. Businesses and Level the Playing Field
Foreign Affairs, Snapshot, 25. Januar 2017
Frank Lavin arbeitete von 1987 bis 1989 im Weißen Haus für Ronald Reagan, war Diplomat und ist geschäftsführender Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens, das im E-Commerce-Bereich amerikanische Unternehmen auf dem chinesischen Markt unterstützt. Grundsätzlich hält er es von Trump für richtig, das unfaire Behandeln ausländischer Unternehmen durch China zu thematisieren, weist aber auch auf mögliche Folgen hin. So werde China auf zwei Ebenen reagieren: Rhetorisch werde die Führung vor allem auf die innenpolitische Wirkung achten und daher den Eindruck festigen, man halte der US-Politik stand. Erste Signale seien bereits in den regierungstreuen Medien nachzulesen. Politisch sei nach bisheriger Erfahrung zu erwarten, dass China auf von den USA erhobene Zölle gleichermaßen reagieren werde. Für US-amerikanische Produzenten bestehe zudem die Gefahr, dass die Volksrepublik ihre Produkte gezielt durch die anderer Länder ersetze, bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen etwa durch australische. „A study from Deutsche Bank shows that China currently absorbs some 47 percent of U.S. fruit and seed exports, 11.8 percent of U.S. aircraft exports, and 23.3 percent of U.S. wood products exports. So China’s ability to respond to tariffs in kind is not immaterial.” Daher plädiert Lavin dafür, dass die USA nicht die Konfrontation suchen, sondern China Hilfestellung dabei geben, sich den internationalen Normen des globalen Handels anzupassen. Deutlich wird in dem Artikel, dass dieser Handel im Kontext der Sicherheitspolitik und der Verteidigung der Menschenrechte steht und dabei ein Schrittmacher bei der Verbesserung der internationalen Beziehungen sein könnte. Der Fokus von Trump sollte außerdem nicht auf etwa der (umweltunfreundlichen) Stahl-Industrie liegen, viel wichtiger als ein Streit darüber wäre ein freierer Zugang zum chinesischen Markt für Firmen, die im Bereich moderner Technologien arbeiten. Insgesamt ist Lavin der Ansicht, dass die USA und China von neu ausgehandelten und fairen Handelsbeziehungen profitieren könnten.
Hunter Marston
Trump Has Nothing to Offer Asia Except Threats. The president's all-sticks, no-carrots approach is scaring away allies and empowering America's enemies
Foreign Policy, 23. Januar 2017
Mit seiner Absage von TPP habe Trump Partner wie Japan und Australien düpiert, schreibt Hunter Marston, während zugleich der designierte Außenminister Rex Tillerson schroff die Ansprüche Chinas auf Inseln im Südchinesischen Meer zurückgewiesen habe. Suchen die USA jetzt den Konflikt mit der Volksrepublik? Und wer wären dann ihre Verbündeten? Der mutmaßliche Versuch jedenfalls, durch das Zeigen von Stärke den Einfluss Chinas im pazifischen Raum zurückzudrängen, stärke die Hardliner in Beijing und verschärfe die Gefahr eines Konflikts. Der Asien-Experte weist darauf hin, dass die Obama-Administration eine gegenteilige Strategie verfolgt hatte: Während das militärische Engagement weniger betont wurde, sollte mit TPP die ökonomische Verankerung der Beziehungen in der Region gestärkt werden. Bisherige Erfahrungen zeigten denn auch, dass die USA durchsetzungsfähiger seien, wenn militärische und wirtschaftliche Strategien ineinandergriffen. Was nun aber fehle, seien neue US-Initiativen, die einer schon länger virulenten Befürchtung in Südostasien entgegenwirken könnten: „Lee Kuan Yew, the former prime minister of Singapore, warned of this outcome in 2013 when he told a journalist from the Atlantic, ‚Without an FTA [with the United States], Korea, Japan, Taiwan, and the ASEAN countries will be integrated into China’s economy – an outcome to be avoided.‘”
Douglas H. Paal
Sino-U.S. Relations in the Trump Era
Carnegie Endowment for International Peace / China Daily,16. November 2016
Ähnlich wie Jeffrey A. Bader (siehe oben) hofft Douglas H. Paal auf ein kooperatives Verhalten der Volksrepublik gegenüber Trump, um eine gravierende Verschlechterung der Beziehungen beider Länder zu vermeiden. In dieser Perspektive schwingt wie bei Bader die Option mit, China könnte (trotz des Regimes der Kommunistischen Partei) auf der Weltbühne ein verlässlicher Partner werden.
Douglas H. Paal
How Trump Should Deal with China
The Diplomat / Carnegie Endowment for International Peace / Diplomat, 12. Dezember 2016
Der Autor rät der Trump-Administration von einer Fixierung auf China ab und plädiert für ein selbstbewusstes Auftreten als verlässlicher Partner im pazifischen Raum. Er skizziert die Pfade, die die neue Regierung vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen nutzen sollte, um dem Versuch Chinas, eine neue Sicherheitsordnung zu etablieren, einzuhegen.
Sonya Sceats
Trumpian Isolationism Could Help China Become a Leader in International Law
Chatham House, 19. Januar 2017
Jedes Vakuum, das die USA in der regelbasierten internationalen Ordnung entstehen lassen, würde China versuchen auszufüllen, schreibt Sonya Sceats, Expertin für internationales Recht – bereits 2014 habe das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei beschlossen, den internationalen Einfluss des Landes zu stärken. Ein Rückzug der USA von der internationalen Bühne würde China (und Russland) die Gelegenheit bieten, ihre Ansicht, wonach die Forderung nach Schutz der Menschenrechte ein Eingriff in die inneren Angelegenheiten sei, stärker durchzusetzen.
Michael Swaine
Managing Asia’s Security Threats in the Trump Era
Carnegie Endowment for International Peace, 19. Januar 2017
In seinem ausführlichen Essay analysiert und beurteilt Michael Swaine die Logik und Umsetzbarkeit der wichtigsten Positionen Trumps und seiner Unterstützer in Hinblick auf zentrale Fragen der Sicherheit in Asien. Als Ausgangspunkt skizziert er die Bedeutung Ostasiens als Wirtschaftsraum, wobei sich die USA dort dem aufstrebenden China gegenübersehen. Der Ton, der in Washington angeschlagen werde, bestimme wesentlich die (sicherheitspolitische) Entwicklung. Im Mittelpunkt steht zunächst das atomar aufgerüstete Nordkorea, wobei Swaine die Art und Weise der angekündigten Bemühungen um Abrüstung mit Problemen behaftet sieht. So sei einerseits der Einfluss Chinas auf sein Nachbarland eher geringer als angenommen, andererseits sei die Rolle Südkoreas zu beachten. Weder in der südkoreanischen Politik noch in der Gesellschaft gebe es Unterstützung für ein proaktives Eingreifen gegen die nordkoreanische Bedrohung. Nach Abwägung der Möglichkeiten, sich über Gegenleistungen mit China zu einigen, sieht Swaine in einem multilateralen diplomatischen Prozess den einzigen gangbaren Weg, Nordkorea zu bändigen. Der zweite Abschnitt ist dem Status von Taiwan gewidmet. Die neue Administration werte die Ein-China-Politik und entsprechende militärische Demonstrationen der Volksrepublik als aggressiv. Diese aber betone stets ihre Absicht, in einer friedlichen Umgebung leben zu wollen, um die wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Nichts deute darauf hin, dass China tatsächlich die gewaltsame Einnahme Taiwans vorbereite. Statt daher Taiwan militärisch aufzurüsten, sollten die USA bei Erhalt des Status quo die Ein-China-Politik anerkennen und mit der Volksrepublik auch einen militärischen Dialog führen. Der dritte Abschnitt ist mit „Maritime Disputes and U.S. Military Activities“ überschrieben, Swaine listet verschiedene chinesische und US-amerikanische Aktivitäten auf, die zudem mit teilweise unklar definieren Ansprüchen Chinas einhergehen. Auch hier plädiert der Autor mit Nachdruck für einen diplomatischen Dialog. In seiner Schlussfolgerungen sieht Swaine die Gefahr, dass die Umsetzung der auf falschen Annahmen basierenden Vorstellungen Trumps und seiner Unterstützer in Bezug auf die drei genannten Themen katastrophale Folgen habe könnte: Krieg auf der koreanischen Halbinsel, ein chinesisch-amerikanischer Konflikt, ein neuer Kalter Krieg zwischen China und den USA.
Xie Tao
Assessing the China Challenge for Trump’s Presidency
Carnegie Endowment for International Peace, 18. Januar 2017
Xie Tao, Professor an der Beijing Foreign Studies University, sieht die Trump-Administration durch China vor keine komplizierten Herausforderungen gestellt. Die Regierung in Beijing beabsichtige, sich in Global-Governance-Prozessen zu engagieren, mit der Außenpolitik die innere Entwicklung zu unterstützen und die Interessen der wachsenden Zahl von chinesischen Staatsbürgern, die im Ausland leben, zu schützen. Außenminister Wang Yi habe dazu im Dezember 2016 einen pragmatischen Ansatz formuliert, der mit Blick auf die USA auf Kommunikation und Ausbau der Beziehungen abziele. Die neue US-Administration erscheine dagegen weniger kooperativ. So sei Peter Navarro, ein Kritiker der chinesischen Handelspolitik, zum Vorsitzenden des neu geschaffenen National Trade Council ernannt worden – allerdings sei zugleich Terry Branstad, Gouverneur von Iowa und Freund von Xi Jinping, als US-Botschafter in Beijing nominiert worden. Während also diese Signale uneinheitlich seien, drohten Trumps Äußerungen zu Taiwan, in denen er keine Rücksicht auf die Position der Volksrepublik genommen habe, einen langen Schatten auf die chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu werfen.
Xenia Wickett
China
In: Xenia Wickett et al.: America’s International Role Under Donald Trump
Chatham House Report, 18. Januar 2017
Donald Trump habe das Amt des US-Präsidenten in Zeiten des globalen Wandels übernommen, schreibt Xenia Wickett einleitend. Die weitere Entwicklung sei nun durch seinen Populismus, die Zurückweisung der erprobten außenpolitischen Denkweisen und überhaupt seine Unberechenbarkeit bei der Betrachtung verschiedener internationaler Fragen noch unsicherer: Trump stehe dem Freihandel skeptisch gegenüber, zudem sei es fraglich, ob er von den liberalen Werten des Westens überzeugt sei. In diesem Papier werden daher die Aussichten auf die kommenden vier Jahre ausgelotet, wobei auch der Brexit und der europäische Populismus/Nationalismus berücksichtigt werden. In ihrem Beitrag über China arbeitet Wickett heraus, dass Trump diesem gegenüber in ökonomischen Kategorien denke, sicherheitspolitische Fragen interessierten ihn weniger. Seine Absage an TPP werde allerdings entgegen der Absicht, die US-amerikanischen Interessen zu stärken, zu deren Schwächung führen – die anderen Pazifikstaaten könnten sich nun verstärkt wirtschaftlich China zuwenden. Unsicher sei außerdem, ob es zu einer erfolgreichen amerikanisch-chinesische Kooperation zur Beilegung des Atomkonflikts mit Nordkorea komme.