Skip to main content
Wolfgang Hardtwig (Hrsg.)

Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918-1939

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2005 (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 21); 376 S.; kart., 39,90 €; ISBN 3-525-36421-0
Der Band richtet sich gegen die geschichtswissenschaftliche Diagnose von der umfassenden Krisenhaftigkeit der Weimarer Jahre und zieht darüber tentativ auch jene Periodisierungen der deutschen Geschichte in Zweifel, die sich von einer solchen Diagnose herleiten. Man vergröbere unzulässig mit dem Versuch, „von der Krisenrhetorik der Kulturpessimisten auf der einen und der radikalen Linken auf der anderen Seite und von den Aufgeregtheiten der akademischen Deutungselite auf die Einstellung der Bevölkerungsmehrheit zu schließen“ (7). Insofern möchte der Herausgeber mit dem Ansatz der politischen Kulturgeschichte, dem die einzelnen Beiträge wie Fallstudien verpflichtet seien, einen neuen Zugang zu den damaligen Reaktionen auf die Erfahrung der Modernität eröffnen. Dieser Ansatz gehe nicht auf das von Almond und Verba entwickelte Konzept der politischen Kultur zurück. Vielmehr sei er der (z. B. von der Mediävistik entwickelten) historischen Anthropologie verpflichtet, deren Methoden nun auch für die Geschichte der Moderne nutzbar gemacht werden sollen. Eine Analyse der Hochkultur und der „Makrowelt des politischen Systems“ (10) bildet mithin nicht den alleinigen Zugang, sondern sie wird zur methodischen Synthese mit einer Analyse der affektiven und kognitiven Subjektivität des im Blick der historischen Forschung sonst anonym bleibenden Individuums gebracht. Daher wird in den einzelnen Beiträgen jeweils „nach der Erfahrung, Deutung und symbolischen Vergegenwärtigung von Raum, Zeit, Körper, Emotion, Wissen, Arbeit, Kommunikation und schließlich der politischen, sozialen, religiösen und intellektuellen Ordnungen im engeren Sinne“ (11) gefragt. Dabei stelle die politische Kulturgeschichte, neben den so genannten anthropologischen Fundamentalkategorien, mit denen die historische Anthropologie operiere, auch deren zunehmende Historisierung etwa durch die kulturgeschichtliche Forschung in Rechnung, welche auch und nicht zuletzt bis in unser Alltagsbewusstsein hineinreiche.
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 2.31 | 2.311 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.): Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918-1939 Göttingen: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24696-politische-kulturgeschichte-der-zwischenkriegszeit-1918-1939_28535, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 28535 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken