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Julia Angster

Konsenskapitalismus und Sozialdemokratie. Die Westernisierung von SPD und DGB

München: R. Oldenbourg Verlag 2003 (Ordnungssysteme 13); 538 S.; 49,80 €; ISBN 3-486-56676-8
Diss. - Ausgehend von der These, dass die Westorientierung der Bundesrepublik nicht nur die Integration in die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bündnissysteme des Westens, sondern auch die Übernahme gemeinsamer Wertorientierungen - Pluralismus, angelsächsischer Liberalismus, Pragmatismus, Individualismus - meint, fragt Angster nach dem Wandel innerhalb der organisierten sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in den Fünfzigerjahren. Indem sie das "labor network in Europe", wichtigstes Netzwerk der Nachkriegszeit neben dem „Kongress für kulturelle Freiheit", ausführlich rekonstruiert, kann die Autorin zeigen, wie die aus Deutschland nach 1933 vertriebenen Sozialisten in der amerikanischen, britischen und skandinavischen Emigration westliche Werte aufnahmen und als Remigranten durch gezielte Machtpolitik mit den amerikanischen Gewerkschaftsbünden AFL/CIO eine geistige Umorientierung der deutschen nichtkommunistischen Arbeiterbewegung vollbrachten. Auch wenn der deutsch-amerikanische Kontakt vordringlich erscheinen mag, legt Angster überzeugend dar, dass der beschriebene Prozess nicht einfach ein amerikanisierender Transfer nach Europa war. Vielmehr handelte es sich um einen wechselseitigen Akkulturationsprozess, dessen Quellen auch innerhalb Europas zu finden waren und eine „Mischung aus amerikanischer und europäischer Westlichkeit einerseits und deutschen sozialdemokratischen Traditionen andererseits" (470) zum Ergebnis hatte, weshalb die Autorin den - sicherlich zweischneidigen - Begriff der Westernisierung verwendet. Inhaltsübersicht: I. Gesellschaftsbild und Politikverständnis der deutschen und amerikanischen Arbeiterbewegung; II. Die Entstehung des transnationalen Netzwerks nach 1945; III. AFL/CIO und die Westdeutsche Arbeiterbewegung 1945-1952; IV. Zeitlicher Schnitt: Wertewandel bei den deutschen Reformern 1925-1949; V. Struktur und Arbeitsweise des Netzwerks 1952-1957; VI. Das Ergebnis: Die Reformprogramme von SPD und DGB.
Frank Schale (FS)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.331 | 2.313 | 2.22 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Frank Schale, Rezension zu: Julia Angster: Konsenskapitalismus und Sozialdemokratie. München: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/17864-konsenskapitalismus-und-sozialdemokratie_20604, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 20604 Rezension drucken