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Irmela Hannover / Cordt Schnibben

I Can't Get No. Ein paar 68er treffen sich wieder und rechnen ab

Köln: Kiepenheuer & Witsch 2007; 382 S.; geb., 22,90 €; ISBN 978-3-462-03905-4
Die Hamburger Generalstaatsanwältin Angela Uhlig-van Buhren, die Bundestagsabgeordnete Krista Sager, der Werbeunternehmer Jork de la Fontaine und die Journalisten Hannover (WDR) und Schnibben (Der Spiegel) gehören zu den 16 Menschen, die sich ein Wochenende lang trafen und über ihre Vergangenheit als 68er, ihre damaligen Träume und heutigen Vorstellungen diskutierten. Entstanden ist so das (Teil-)Porträt einer Generation, in der eine Minderheit radikal den Aufbruch forderte. „Wir haben damals schlicht auf den Leidensdruck der damaligen Gesellschaft reagiert, wir waren narzisstisch und hedonistisch, wir wollten besser leben und freier und lustvoller und westlicher, und darauf haben die Eltern und die Schule, die Gesellschaft und der Staat wiederum so dumm und repressiv reagiert, dass daraus eine politische Massenbewegung wurde“ (298), so Schnibben. Den positiven Entwicklungen, die in dieser Zeit initiiert wurden – vor allem in den Geschlechterbeziehungen und in der Kindererziehung – stellen die Diskutanten selbstkritisch ihre politischen Verirrungen gegenüber, die sie teilweise in die DKP und zu Aufenthalten in der DDR führten. Im Rückblick ist es ihnen ein Rätsel, wie lange sie die Repressivität des SED-Regimes übersahen (bzw. übersehen wollten). „Unsere Antworten von damals waren nicht viel wert, aber unsere Fragen immerhin waren so gut, dass sie noch heute richtig sind.“ (337 f.) Ihre Analyse der Gesellschaft hat sich mittlerweile geändert, geblieben aber ist – verbunden mit einem Lob der Rechtsstaatlichkeit – ein klarer Blick auf die Schattenseiten heutiger Verhältnisse. Und so gilt ihnen die Familie nicht mehr als Hort konservativer Werte, sondern als geschützter und zu schützender Ort – bedroht nicht etwa von Antiautorität und Patchworkfamilie, wie die Kritiker der 68er meinen, sondern von einem „globale[n] Turbokapitalismus“ (Sager [308]). Eine Hoffnung bleibt, formuliert 1968 von Hannah Arendt: „Mir scheint, die Kinder des nächsten Jahrhunderts werden das Jahr 1968 mal so sehen, wie wir das Jahr 1848.“ (338)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.35 | 2.313 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Irmela Hannover / Cordt Schnibben: I Can't Get No. Köln: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28370-i-cant-get-no_33419, veröffentlicht am 07.04.2008. Buch-Nr.: 33419 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken