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Peter Graeff / Jürgen Grieger (Hrsg.)

Was ist Korruption? Begriffe, Grundlagen und Perspektiven gesellschaftswissenschaftlicher Korruptionsforschung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012; VIII, 236 S.; 26,- €; ISBN 978-3-8329-7341-4
Die öffentliche Sensibilität für Phänomene der Korruption – sei es im öffentlichen Sektor, sei es in der Privatwirtschaft – ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dazu haben nicht nur einschlägige, in den Medien effektsicher behandelte Skandale beigetragen, sondern auch Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen wie Transparency International, die auf eine weltweite Ächtung korrupter Praktiken drängen. Allerdings ist eine empirisch trennscharfe Definition, die das breite Spektrum von Korruption einfängt und zugleich aber von ähnlichen Formen devianten Handelns abgrenzt, außerordentlich schwierig. Mit diesen konzeptionellen Problemen setzen sich die Autorinnen und Autoren des Sammelbandes intensiv auseinander. Er ist im Kontext des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Korruptionsforschung entstanden, der sich 2007 auf Initiative von Transparency International Deutschland in Berlin gegründet hat. Dessen erste Publikation – „Der Korruptionsfall Siemens“ (siehe Buch‑Nr. 36607) – hat innerhalb des interdisziplinär zusammengesetzten Arbeitskreises deutlich gemacht, „dass auch auf längere Sicht wissenschaftlich nicht eindeutig bestimmt werden kann, was gesellschaftlich als Korruption gelten wird bzw. gelten soll“ (4). Der besondere Reiz des zweiten Forschungsberichtes des Arbeitskreises besteht darin, dass hier Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Korruptionsverständnisses von Wirtschafts‑, Rechts‑ und Sozialwissenschaften expliziert werden. Dass die Korruptionsforschung bisher – wie der Herausgeber in seinem Resümee konstatiert – ein Theoriedefizit aufweist, liegt zum einen gewiss an der für das Phänomen charakteristischen Differenz zwischen Hell‑ und Dunkelfeld. Zum anderen aber bestehen nach wie vor begriffliche Differenzen zumal zwischen Rechts‑ und Sozialwissenschaften; das betrifft nicht zuletzt die Frage, ob die Benachteiligung von Dritten – der „Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Vorteil“ in der Definition von Transparency International – über die normwidrige Handlung hinaus zu den konstitutiven Merkmalen von Korruption gezählt werden sollte.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.2 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Peter Graeff / Jürgen Grieger (Hrsg.): Was ist Korruption? Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35550-was-ist-korruption_42889, veröffentlicht am 08.05.2013. Buch-Nr.: 42889 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken