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Beda Erlinghagen

Von "wildgewordenem Kleinbürgertum" und "Weltherrschaftsplänen" Die Volksrepublik China im Spiegel der DDR-Presse (1966-1976) Eine kritische Studie

Köln: PapyRossa Verlag 2009 (Hochschulschriften 81); 222 S.; 18,- €; ISBN 978-3-89438-413-5
Diese Kritik an der Berichterstattung in der gelenkten DDR-Presse über China in der Zeit vom Beginn der Kulturrevolution bis zum Tod Maos ist auffällig geprägt von der politischen Haltung des Autors. Er stellt die DDR ausdrücklich „nicht vom Standpunkt einer idealisierten bürgerlichen Demokratie“ (109) an den Pranger, sondern von linker, maoistisch eingefärbter Seite. Seine überblicksartigen Erläuterungen über die innenpolitische Entwicklung der Volksrepublik und den internationalen Kontext lassen nicht nur deutliche Sympathien durchschimmern. Aussagen wie die zu der ungeklärten Zahl an Toten während der Mao-Ära, wonach „derart radikale soziale Transformationen, wie sie sich dort vollzogen haben [...] notwendigerweise nicht ohne erhebliche Opfer zu erreichen gewesen sind“ (111), diskreditieren die gesamte Studie. Auch das Beharren des Autors darauf, dass die Kulturrevolution nicht dem Machtstreben Maos geschuldet war, sondern das Ziel hatte, „dass China einem dem Lande zustehenden Platz in der Welt bekommen soll, dass China kein Land mehr sein soll, auf dem fremde Mächte herumtrampeln“ (113), entbehrt einer nachvollziehbaren Grundlage. Zur DDR-Presse selbst wird zudem nichts Neues zutage gefördert – dass die Zeitungen politische Vorgaben zu beachten hatten und gegängelt wurden, ist Allgemeingut. Auch die im Vergleich zur Außenpolitik der Sowjetunion einige Zeit noch China freundlichere Politik der DDR ist bekannt, ebenso das spätere Einschwenken auf die sowjetische Linie. Die Erläuterungen, dass die SED-Spitze die Kulturrevolution mit Skepsis betrachtete, ist so wenig überraschend wie die Feststellung, die DDR-Presse habe nur oberflächlich und geradezu entpolitisiert berichtet und nicht nach den theoretischen Begründungen der Kulturrevolution gefragt. Interessant ist allenfalls, was Erlinghagen außerdem noch als bemerkenswert hervorhebt: Die DDR-Presse habe die chinesische Gesellschaft mit Merkmalen versehen dargestellt, „die im Westen auch dem Modell einer totalitären Gesellschaft zugeordnet werden würden: Massive Repression [...]; totale Überwachung; eine zentrale [...] Rolle einer alles bestimmenden Ideologie“ (97).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 | 2.68 | 2.25 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Beda Erlinghagen: Von "wildgewordenem Kleinbürgertum" und "Weltherrschaftsplänen" Köln: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30680-von-wildgewordenem-kleinbuergertum-und-weltherrschaftsplaenen_36441, veröffentlicht am 13.10.2009. Buch-Nr.: 36441 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken