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Rauno Schneidewind

Von der Demokratie zur Plutokratie? Wie das Geldsystem, die Konzerne und die Geheimdienste unsere Zukunft bestimmen

Marburg: Tectum Verlag 2014; VII, 210 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-8288-3405-7
Rauno Schneidewind möchte seinen Band als eine Form politischer Aufklärung verstanden wissen. Im Kern geht es um Denkfabriken und Lobbys, um Finanzkonzerne und ihre politische Einflussnahme: „Es gibt politische Ströme, die eine Entwicklung von der Demokratie zur Plutokratie (Herrschaft des Geldes) begünstigen. Dazu gehört das Geldsystem samt verzinster Giralgeldschöpfung.“ (1) Giralgeld – also das auf Konten von Bankkunden gebuchte, kreditbasierte Geld, das in der Bankbilanz auf der Passivseite auftaucht – führt, so Schneidewinds Kritik, zu einer Entkopplung des fiktiven, nur in den Büchern der Banken entstandenen Geldes von dem, was real verfügbar ist. Indem real nicht vorhandenes Geld von den Banken gegen Zins verliehen werde, trügen sie mittel‑ bis langfristig zu einer massiven Steigerung sozialer Ungleichheit bei: „Dieser Mechanismus des Zinstransfers verdient als volkswirtschaftliches Problem in der Gesellschaft, den Medien und vor allem in der Politik diskutiert zu werden.“ (22) Von dieser Ausgangslage ausgehend erweist sich der Markt – wenig verwunderlich – nicht etwa als Mechanismus, der sich entsprechend des neoliberalen Credos selbst zu regeln vermag. Der Markt und seine Institutionen – wie etwa die Banken, die Börse oder die Ratingagenturen, aber auch die Zentralbanken, die Staaten und ihre Geheimdienste – erweisen sich vielmehr als Spieler in einem Szenario, so die Argumentation des Autors, das formal legal, moralisch fragwürdig und von der Demokratie weitgehend entkoppelt ist. Gibt es neben Szenarien des Zusammenbruchs, die Schneidewind angesichts der massiven globalen Kapitalkonzentration in Form etwa von Inflation oder Börsencrashs durchaus für möglich hält, andere Alternativen, der ebenso illegitimen wie intransparenten Herrschaft des Geldes zu entgehen? Hier wird Schneidewind, der sonst um eine sehr klare Form der Darstellung bemüht ist, eigentümlich kurz angebunden: Wenn man aber etwa direkte Demokratie als alternativen Weg fordert, dann muss man auch erklären, wie dieser angesichts der ökonomischen Vermachtung der Gegenwart – eine durchaus nachvollziehbar entfaltete, wenn mitunter auch an Verschwörungstheorien reichende Diagnose – überhaupt beschritten werden kann.
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Rubrizierung: 4.432.213.12.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Rauno Schneidewind: Von der Demokratie zur Plutokratie? Marburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38958-von-der-demokratie-zur-plutokratie_47460, veröffentlicht am 08.10.2015. Buch-Nr.: 47460 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken