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Lars Holtkamp

Verwaltungsreformen. Problemorientierte Einführung in die Verwaltungswissenschaft

Wiesbaden: Springer VS 2012 (Grundwissen Politik 53); 333 S.; brosch., 29,95 €; ISBN 978-3-658-00691-4
Das Lehrbuch versteht sich als grundlegende Einführung in die Verwaltungswissenschaft mit einem fall‑ bzw. problemorientierten Zugriff. Dabei legt der Autor einen Begriff von Verwaltung und – mit Blick auf ihre permanente Transformation – von Verwaltungsreform zu Grunde, der sehr breit angelegt ist: neben den Institutionen und Normen geht es ihm immer auch um die „parlamentarischen und zivilgesellschaftlichen Außengrenzen“ (13) des politischen Systems. Das Lehrbuch verzahnt, von diesem Verständnis ausgehend, theoretische und praktische bzw. empirische Aspekte von Staats‑ und Verwaltungstätigkeit. Was die Theorie anbelangt, stellt Holtkamp breit und ausführlich den Ansatz der Neuen Politischen Ökonomie (NPÖ) vor, den er allgemein verständlich als State of the Art verwaltungswissenschaftlicher Theorieannahmen einführt. Die NPÖ wird dabei zutreffend in den Kontext der Rational Choice‑Ansätze eingeordnet und als geeignetes hypothesenbildendes Verfahren vorgestellt, wobei die Kritik an den manifesten Erkenntnisgrenzen der Theorien – vermeintlich – rationalen Entscheidens eher implizit bleibt. Was die Verwaltungspraxis anbelangt, so konzentriert sich Holtkamp auf Fragen aus dem Bereich der Haushaltspolitik. Dabei greift er immer wieder auf den – gegenwartsdiagnostisch überaus relevanten und etwa in der Postdemokratiedebatte präsenten – Befund zurück, wonach Regierungen nicht nur, aber besonders im Zuge der aktuellen Wirtschafts‑ und Finanzkrise ihre Spar‑ und Konsolidierungsvorschläge als alternativlos begründen. Dass dieses Unwort des Jahres 2010 vordergründig für die Legitimation von Entscheidungen ausreichen mag, ist sicherlich – wie Holtkamp einräumt – auch ein Ergebnis wissenschaftlicher Politikberatung, die zu sehr auf eine „Maximierung der Konsolidierungseffekte“ abziele, „ohne dieses Ziel kritisch zu hinterfragen“ (294). In Anknüpfung an dieses Defizit gängiger Politikberatung entwirft er die Version einer kritischen Verwaltungs‑ und Politikwissenschaft, deren Leistung darin bestehen sollte, immer auf die Alternativen von TINA‑Behauptungen („there is no alternative“) hinzuweisen. „Aufgabe der empirischen Verwaltungs‑ und Politikwissenschaft“, so Holtkamp abschließend, „könnte es deshalb [...] sein, vermehrt die unterschiedlichen Reform‑ und Konsolidierungsoptionen auch für ein etwas breiteres Publikum sichtbar zu machen“ (294). Der Band ist nicht nur wegen seiner gelungenen gegenwartsdiagnostischen Aufhängung, sondern auch wegen seiner verständlichen Sprache und der zahlreichen Materialien (Schaubilder, Tabellen) als Lehrbuch sehr zu empfehlen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.32 | 2.322 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Lars Holtkamp: Verwaltungsreformen. Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36042-verwaltungsreformen_43940, veröffentlicht am 08.08.2013. Buch-Nr.: 43940 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken