Vergleichende Außenpolitikforschung und nationale Identitäten. Die Europäische Union im Kosovo-Konflikt 1996-2008
Welchen Einfluss haben außenpolitische Identitäten auf die Außenpolitik eines Staates? Wie beeinflussen diese Identitäten die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union als internationaler Akteur? Diesen beiden Fragen gehen die Autoren des Sammelbandes am Beispiel des Kosovo-Konflikts auf den Grund. Nach einleitenden theoretisch-konzeptionellen Betrachtungen werden die Kosovo-Politiken von fünf Mitgliedstaaten sowie die damit zusammenhängende Politik der EU analysiert. Dabei rücken neben den drei europäischen Großmächten Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit den Niederlanden und Griechenland auch zwei kleinere Staaten in den Fokus, deren außenpolitische Identitäten wesentlich von den Ereignissen auf dem Balkan beeinflusst wurden: die Niederlande nach dem Massaker von Srebrenica und Griechenland durch die Mazedonien-Frage. „Auf diese Weise verlässt der Band den Boden einer reinen Großmachtstudie, was seinem Generalisierbarkeitsanspruch zugute kommt.“ (16) Die Autoren zeigen, dass die EU handlungsfähig ist, sobald die einzelstaatlichen außenpolitischen Identitäten kompatibel sind; eine Kohärenz der nationalen Außenpolitiken sei dagegen nicht nötig. Die ambivalente Handlungsfähigkeit der Union habe das Konfliktverhalten der Parteien im Kosovo nachhaltig geprägt, dabei aber Anreize gesetzt, die immer wieder zu konflikteskalierendem Verhalten geführt hätten.