Politikwiss. Diss. Heidelberg; Gutachter: D. Nohlen, A. Croissant. – Der Autor fragt, ob die Theoriebildung in der Politikwissenschaft und in den benachbarten sozialwissenschaftlichen Disziplinen den in der Empirie festzustellenden Veränderungsprozessen hinterherhinke. Er geht davon aus, dass viele der gegenwärtig im Zusammenhang mit Transnationalisierungsprozessen als unlösbar wahrgenommenen Probleme sich ursächlich auf analytische Defizite zurückführen lassen. Dieses Phänomen resultiert für Schwehm aus der unzureichenden Reflexion der Prägekraft der in der historischen Epoche der nationalen Konstellation gewonnenen Denkkategorien für die Wahrnehmung sozialer Wirklichkeit. Eine erfolgreiche Anpassung der Theoriebildung bedarf für ihn daher mehr, als einer rein analytischen Rekonzeptionalisierung der zentralen Kategorien des Politischen. Diese käme nicht ohne eine umfassende normative Rejustierung aus. Für Schwehm fordern die empirischen Transnationalisierungsprozesse die Rechts- und Sozialwissenschaften in ihrer Gesamtheit und nicht nur in ihren segmentierten, methodologisch hoch differenzierten Teilbereichen heraus. Der Autor überprüft seine theoretische Prämisse anhand zweier Debatten: der über das Demokratiedefizit der Europäischen Union und der über die Legalität und Legitimität präventiver Selbstverteidigung. Abschließend sieht er sich in seiner Grundannahme bestätigt, wenn er erkennt, dass der Verlust der Wirklichkeitstreue des Paradigmas der nationalen Konstellation dazu zwinge, auch bisher als allgemeingültig anerkannte Hintergrundannahmen neu zu durchdenken.