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Peter A. Kraus / Peter Kivisto (Hrsg.)

The Challenge of Minority Integration. Politics and Policies in the Nordic Nations

Berlin: Walter de Gruyter 2015; IX, 205 S.; 69,95 €; ISBN 978-3-11-044110-9
Gerade (Januar 2016) wurde der Begriff „Gutmensch“ zum Unwort des Jahres 2015 gewählt – womit auch angezeigt ist, dass Integration und ihre Ermöglichung zweifelsohne einer der wichtigsten wie auch umstrittensten Problemzusammenhänge der Gegenwart sind. In seinem einleitenden Aufsatz geht Thomas Hylland Eriksen der – zunächst banal erscheinenden – Frage nach, was es eigentlich bedeutet, wenn von einem „Wir“ gesprochen wird. Insofern die gesellschaftliche Bezeichnung eines „Wir“ immer auch ein „Nicht‑Wir“ begründet, erweise sich der Begriff als konstitutiv für das Verständnis von Integration: „Wenn der Begriff ‚Integration’ verwendet wird, dann ist es unabdingbar zu klären, wer denn da von wem zu was integriert werden soll.“ (53) Integration, so Eriksen, stelle sich in einer zunehmend komplexeren, verwobenen und ungleich beschleunigten Welt also auch als Herausforderung für die sozialwissenschaftliche Forschung dar. Diese habe nicht nur unterschiedliche relationale und soziale, sondern auch narrative Dimensionen von Integration zu unterscheiden, um die Frage nach dem „Wer sind wir?“ (61) zumindest angemessen erschließen zu können. Neben dieser grundsätzlichen Annäherung an den Begriff der Integration als Forschungsgegenstand im 21. Jahrhundert enthält der Band mehrere Fallstudien, die konkrete nationale wie transnationale Politiken zu Minderheitenintegration und Diversität in nordeuropäischen Ländern, dabei insbesondere in Finnland, zum Gegenstand haben. Als gegenwartsdiagnostisch besonders interessant erweist sich dabei der Beitrag von Reetta Toivanen. Obschon Finnland lange als eines der kulturell und ethnisch homogensten Länder Europas gegolten habe, hätten sich – neben den Schwedischsprachigen – dennoch mindestens zwei Minderheitengruppen langfristig etabliert: die Sámi in Nordfinnland und die Roma. Beide Gruppen, so Toivanen, ließen sich durch eine umfassende Nicht‑Diskriminierungsgesetzgebung, die die Beibehaltung ethnischer Eigenheiten ermögliche, in die Mehrheitsgesellschaft integrieren. Mehrheitsgesellschaft meint dabei einen fundamentalen, von allen zu teilenden Wertekanon: „Finnland gehört zu einer Wertegemeinschaft, die auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und dem Respekt vor den Menschenrechten basiert.“ (200) Daran – auch im europäischen und nicht zuletzt im deutschen Kontext – zu erinnern, tut derzeit Not. Die Beiträge gehen zurück auf eine Konferenz, die im Rahmen des finnischen Forschungsprojekts „Challenging Powers“ unter Leitung von Peter Kraus 2009 in Helsinki stattgefunden hat.
{LEM}
Rubrizierung: 4.422.612.232.263 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Peter A. Kraus / Peter Kivisto (Hrsg.): The Challenge of Minority Integration. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39424-the-challenge-of-minority-integration_48002, veröffentlicht am 18.02.2016. Buch-Nr.: 48002 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken