Technologien der Macht. Zu Michel Foucaults Staatsverständnis
Weil der Staat „bei Foucault zwar auch, aber eben ganz anders gedacht“ (9) wird, reflektieren die Autoren ausgehend von Grundbegriffen wie Macht, Diskurs und Ordnung die Facetten seines Staatsverständnisses. Dazu war es nötig, das „Werk gegen die Absichten des Autors zu lesen“ (10). Das Themenspektrum der Aufsätze reicht von der Entfaltung des Begriffs der Gouvernementalität über dessen Krisen bis zur Bedeutung von Öffentlichkeit und der Rekonstruktion des Liberalismus. Dass Foucault den „tradierten Grundlagen moderner Staatstheorie“ widersprochen habe, erschwere es allerdings, „eine konsistente Staatstheorie“ (11) zu entwickeln, schreibt der Herausgeber. Dem Anspruch, in diesem Band „transdisziplinäre Brücken zu bauen und rezeptionsblockierende“ (13) Hindernisse zu überwinden, werden die Autoren jedoch insgesamt gerecht.
Martin Gessmann analysiert die Theorie der Macht und rekonstruiert den Wandel von der zwingenden zur produktiven Macht bis hin zu Foucaults Nietzsche-Rezeption. Die Verbindung von Möglichkeitsbedingungen und Staat als unhinterfragbarem Gebilde wird dabei dekonstruiert. Dieses Vorgehen impliziere die genuin politikwissenschaftliche Frage nach der Geltung politischer Ordnung, die wenig beachtet werde, so Gessmann, da Politikwissenschaftler Foucault „nur am Rande“ (10) rezipierten. Astrid Deuber-Mankowsky widmet sich dem Verhältnis von Biomacht und medialer Öffentlichkeit. Der klassisch gedachte Staat sei „von seinen Anfängen her als fragwürdiges Regierungshandeln zu verstehen“, stellt sie fest. Im Rahmen von Gouvernementalität müsste Öffentlichkeit als „freie Fläche“ (111) der Bevölkerung zunehmend an Bedeutung gewinnen – vor dem Hintergrund der Krise des Politischen sei eine Betrachtung des Foucault’schen Satzes „alles ist politisch“ (112) aktuell. Der moderne Staat sei demnach ein „Körper ohne Kopf“ (116), der Regierungshandeln mit Steuerung und Kommunikation konstituiere. Der Band wird dadurch komplettiert, dass Heidenreich die Rezeptionsgeschichte unter Einbeziehung der Kritik und eine posthume Aussöhnung mit Habermas reflektiert.