Südosteuropa. Traditionen als Macht
Im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft fand im April 2006 in Wien das 3. Österreichische Osteuropa Forum statt, dessen Beiträge im Sammelband dokumentiert werden. Historiker, Philosophen, Sozialwissenschaftler, Politiker und Journalisten gingen der Frage nach, „welche Rolle heute in Südosteuropa die klassischen Loyalitäten und traditionell meist an Ausgrenzung orientierten gesellschaftlichen Formierungsmuster (Sprache, Nation, Religion, Mythen) spielen und wie vermieden werden kann, dass EU-Integrationsprozesse eine Tabuisierung (Verdrängung) von derartigen Themen bewirken“. Der Balkan sei „ein Ort von Projektionen und Imaginationen. Seine inneren und äußeren Grenzen [seien] nicht nur Staatsgrenzen, sondern auch kulturelle Übergangsräume, in denen sich Sprachen, Religionen und Identitäten überlappen können“ (4). Die Kriege der 90er-Jahre im Zusammenhang mit der Auflösung Jugoslawiens machten in Europa die große Nähe zu dieser Region bewusst. Zukünftig sollte versucht werden, den „Balkan als Europa zu denken“ (3), schreibt der Herausgeber Brix. Dazu gehöre der friedliche Umgang mit historischen Unversöhnlichkeiten, mit sprachlicher und kultureller Vielfalt und vor allem mit der Transformation in eine politisch stabile Region Europas, so lautet der Tenor der Beiträge, in denen zumeist historische Aspekte thematisiert werden.