Sodan stellt an den Anfang seiner Ausführungen eine Notiz zur verfassungstheoretischen Auseinandersetzung der Weimarer Republik: Damals diskutierten Carl Schmitt und Hans Kelsen, wer Hüter der Verfassung sei, der Reichspräsident oder ein Verfassungsgerichtshof. Jene Streitfrage ist auch heute noch von Relevanz. Denn obwohl – nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Staaten – ein Gericht der oberste Hüter der Verfassung ist, kommt dem Staatsoberhaupt doch die Funktion eines Mithüters zu, jedenfalls im Rahmen eines formellen und vielleicht auch in Form eines materiellen Prüfungsrechts; über Letzteres ist sich die Lehre uneins. Unstrittig ist jedoch, dass das „österreichisch-deutsche Modell einer bei einem besonderen Gericht konzentrierten Verfassungsgerichtsbarkeit“ (22) in jüngster Zeit zahlreichen mittel- und osteuropäischen Staaten als Vorbild diente. Helge Sodan erörtert daher die Rechtsstellung des Verfassungsgerichts, Befugnis, Aufgaben und Grenzen der Verfassungsinterpretation sowie die Beziehung zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit. Der Autor spricht zwar meist allgemein über Staat und Verfassungsgerichtsbarkeit, kommt aber doch immer wieder zum Beispiel des deutschen Bundesverfassungsgerichts zurück, teils die Theorie erläuternd teils Kritik übend. Hierfür interessant sind vor allem die Fußnoten, in denen Sodan hinsichtlich der Verhaltensweise von Verfassungsrichtern „insbesondere in jüngerer Zeit einen beachtlichen Stilwandel“ feststellt (102).