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Hans-Christian Schnack

Schulbildung für Migrantenkinder in der VR China. Zwischen staatlicher Ausgrenzung und privaten Alternativen

Berlin: Lit 2010 (Berliner China-Studien 49); VII, 143 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-643-10769-5
Magisterarbeit FU Berlin; Betreuung: B. Gransow, J. Henze. – Wie schwer es der Volksrepublik fällt, die durch die Binnenmigration entstehenden Herausforderungen anzunehmen, lässt sich besonders eindrucksvoll am Beispiel der Kinder der Migranten illustrieren. Mit seiner Analyse, in die eine kleine Feldforschung eingebunden ist, kann Schnack jedoch erste Anzeichen eines Bewusstseins- und Politikwandels ausmachen. Ausgangspunkt der rechtlichen Diskriminierung von Chinesinnen und Chinesen, die auf Arbeitssuche aus ihren Heimatdörfern in eine der großen Städte ziehen, ist die seit den 1950er-Jahren geltende Haushaltsregistrierung. Aus dieser Registrierung am Geburtstort bzw. Heimatort der Eltern folgt, dass der Staat sich nur dort verpflichtet, Leistungen wie schulischen Unterricht zur Verfügung zu stellen oder einen Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Zwar wurden die Restriktionen mit dem wirtschaftlichen Wandel gelockert und in den 1980er-Jahren eine Binnenmigration zugelassen. Die gesetzliche Lage blieb und bleibt allerdings hinter der wirtschaftlichen Entwicklung weit zurück. Noch 1995 stellten chinesische Forscher fest, dass die Mehrheit der Migrantenkinder keine Schule besucht, so Schnack. Er stellt nun die schulische Situation dieser Kinder dar, die lange nur die Möglichkeit hatten, gegen eine meist hohe Gebühr eine private Schule zu besuchen, und schließlich das Einsehen der Regierung, dass auch diese Kinder alle zur Schule gehen sollten. In einer provisorischen Regelung von 1995 wurde allerdings immer noch festgelegt, dass die Kinder – entgegen der gelebten Realität – in ihren Heimatdörfern unterrichtet werden sollten. Erst 2005 wurde die Vorgabe erlassen, auch in städtischen Schulen „die Gebühren für Migrantenkinder auf die Höhe der Gebühren für in den Städten geborene Kinder zu senken“ (91), ein Jahr später wurden in dem nach wie vor nominell kommunistischen Land die Schulgebühren für die erste bis neunte Klasse abgeschafft. Schnack stellte in Interviews in China – trotz weiter bestehender Probleme und Ungerechtigkeiten – nun deutliche Verbesserungen der schulischen Situation fest. Insgesamt habe ein Perspektivenwandel begonnen, so sein Fazit, mit dem die Migranten von temporären Gästen zu neuen und vollwertigen Stadtbürgern werden könnten.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.68 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hans-Christian Schnack: Schulbildung für Migrantenkinder in der VR China. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32849-schulbildung-fuer-migrantenkinder-in-der-vr-china_39238, veröffentlicht am 16.02.2012. Buch-Nr.: 39238 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken