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Peter Neumann / Denise Renger (Hrsg.)

Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2011/2012. Mittel- und Osteuropa / Deutschland nach Stuttgart 21

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Studien zur Sachunmittelbaren Demokratie 13); 284 S.; 59,- €; ISBN 978-3-8487-1929-7
Unmittelbare Demokratie entspricht nach der Definition des Herausgebers Peter Neumann direkter Demokratie. Dabei wird die sachunmittelbare von der personalunmittelbaren Demokratie unterschieden. Letztere betrifft Personalentscheidungen, also Wahlen, und ist weitaus verbreiteter als die unmittelbare Demokratie bei Sachentscheidungen, wie etwa der Volksabstimmung zu Stuttgart 21. Die Auswirkungen dieses schlagzeilenträchtigen Themas auf die Debatte um unmittelbare Demokratie ist Gegenstand des zweiten Buchteils. Für Frank Decker ist Stuttgart 21 ein Synonym dafür, „dass die herkömmlichen Entscheidungsverfahren bei der Planung und Durchsetzung infrastruktureller Großprojekte an prinzipielle Grenzen stoßen“ (185). Er sieht die Bürgerproteste gegen den Bahnhofsumbau in einer Linie mit dem Anwohnerwiderstand gegen Flughafenerweiterungen in München oder Frankfurt. Solche Großprojekte brächten oft Nutzen für breite Bevölkerungsgruppen, die schädlichen Auswirkungen konzentrierten sich aber auf eine kleine Zahl Betroffener in räumlicher Nähe. Durch Privatisierungen in der Infrastruktur habe die Politik zudem Gestaltungsmacht an Investoren abgegeben, Bürgerbeteiligung könne so nicht greifen. Im ersten Buchteil werden gesetzliche Bestimmungen und die Praxis von Volksabstimmungen in den Staaten Mittel‑ und Osteuropas dargestellt und diskutiert. Neumann gibt einen Überblick über die Region, der zeigt, dass bis auf Tschechien alle mittel‑ und osteuropäischen Länder Elemente sachunmittelbarer Demokratie in ihren Verfassungen vorsehen. Allerdings seien die Regelungen zum Teil nicht praktikabel ausgestaltet, was meist wahrscheinlich vorsätzlich geschehen sei. Die insgesamt großen Unterschiede in Theorie und Praxis ergäben sich aus kulturellen, religiösen, wirtschaftlichen und historischen Unterschieden zwischen den post‑kommunistischen Ländern. Es zeige sich aber, „dass die weltweit zunehmende Bedeutung der direkten Volksrechte nicht unbeachtet bleibt und ihrerseits Einfluss hat“ (54). Die Beiträge des Sammelbandes sind das Ergebnis einer Konferenz, die im Dezember 2011 in Dresden stattfand. Veranstalter war das Deutsche Institut für Sachunmittelbare Demokratie an der Technischen Universität Dresden, das auch als Herausgeber dieser Buchreihe fungiert.
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Rubrizierung: 2.212.612.682.3252.322.343 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Peter Neumann / Denise Renger (Hrsg.): Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2011/2012. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38361-sachunmittelbare-demokratie-im-interdisziplinaeren-und-internationalen-kontext-20112012_46677, veröffentlicht am 30.04.2015. Buch-Nr.: 46677 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken