Skip to main content
Martina Handler

Retelling the Nicaraguan Revolution as a Dionysian Ritual. About the Rise and Fall of a Partnership Society

Wien/Berlin: Lit 2010 (Die kommende Demokratie 3); 139 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 978-3-643-50097-7
Die Autorin stellt den zahlreichen Schilderungen der Revolution in Nicaragua einen sehr eigenwilligen Ansatz gegenüber. Sie erzählt die Revolution noch einmal anhand von Zeugnissen und Interviews von und mit Frauen. Den Zusammenbruch der Revolution interpretiert sie aus feministischer Perspektive. Ein enormes Maß an transformativer Energie, leitet Handler ein, habe sich damals in der nicaraguanischen Gesellschaft angesammelt. Ziel des Zeitgeistes sei es gewesen, eine gleiche und prosperierende Solidargesellschaft des Miteinanders zu verwirklichen. Diese Vorstellungen hätten einen Prozess ermöglicht, den Handler als dionysisches Ritual beschreibt. Für ein solches Ritual erachtet sie die Werte der Zusammenarbeit, der kollektiven Identität, der Abschaffung von Hierarchien des sozialen Status, des Geschlechts, der Ethnie sowie die Wahrnehmung der erotischen Komponente einer kollektiven Ekstase als wesentlich. Insbesondere letzterer Aspekt sei zentral für eine Romantisierung der Revolution durch westliche Beobachter gewesen. Eine solche Fähigkeit zum dionysischen Ritual, erläutert die Autorin, sei von Wichtigkeit für eine Gesellschaft, um eine andere Zukunftsvision entwerfen zu können. Dafür geht sie unter anderem auf Gedanken Nietzsches, Freuds und C. G. Jungs ein. Im Zentrum der Untersuchung steht jedoch die Gender-Perspektive. Mit der Revolution und ihren Idealen sei zumindest oberflächlich und vorübergehend das traditionelle Bild des nicaraguanischen Machos zu Fall gekommen. Männer hätten nicht mehr bestreiten können, dass Frauen bewiesen hätten, mehr als nur Hausfrau und Mutter sein zu können. Auch sie hätten in der Guerilla gekämpft. Gleichberechtigung der Geschlechter sei zu einem natürlichen Bestandteil der Revolutionsideale geworden. Den Zusammenbruch jener Ideale vermutet Handler mit einer ihrer Interviewpartnerinnen in dem Moment, in welchem die Revolution zu siegen begann. Die Autorin beschreibt: „Individual interests of almost exclusively men who felt powerful and thus executed their power in a very traditional, patriarchal way, started to corrupt the nobel ideals of the revolution” (99).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.65 | 2.25 | 5.42 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Martina Handler: Retelling the Nicaraguan Revolution as a Dionysian Ritual. Wien/Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31957-retelling-the-nicaraguan-revolution-as-a-dionysian-ritual_38111, veröffentlicht am 28.04.2010. Buch-Nr.: 38111 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken