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Elisabeth Weisser-Lohmann

Rechtsphilosophie als praktische Philosophie. Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts und die Grundlegung der praktischen Philosophie

Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2011 (HegelForum); 292 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-7705-5003-6
Habilitationsschrift Hagen. – Weisser-Lohmann prüft, inwieweit Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts als eine Reaktualisierung der praktischen Philosophie in ihrem klassischen Umfang und in aristotelischer Tradition (Ethik, Ökonomie, Politik) gewertet werden können. Dabei stellt sie Hegels Begriff des Rechts (und nur in zweiter Linie den Freiheitsbegriff) ins Zentrum ihrer Untersuchung und kommt zu dem positiven Befund, dass Hegels Konzept der Sittlichkeit und der in ihr zur Wirklichkeit gelangende Begriff des Rechts diesem Anspruch genügt. Hegel sei gelungen, „die Legitimität von Normen“ im notwendigen Zusammenhang mit „deren praktischer Wirksamkeit zu begründen“ (23) – freilich mit der wesentlichen und am Ende der Arbeit angedeuteten Einschränkung, dass es Hegel nicht vermochte, die „Geltung von Grundrechten außerhalb der bestehenden sittlichen Gestalten“ (272) zu fundieren – es wäre allerdings zu fragen, ob Grundrechte jemals außerhalb der sozialen Realität gelten können. Die sehr interessanten und auch ideengeschichtlich bedeutsamen Ausführungen zu einer Rehabilitierung Hegels praktischer Philosophie im Anschluss an Carl Schmitt, Alexandre Kojève und Leo Strauss werden leider im weiteren Verlauf der Arbeit nicht wieder aufgegriffen. Abgesehen von einer Abgrenzung des Hegel’schen Rechtsbegriffs von demjenigen Kants, Fichtes und der historischen Rechtsschule (Friedrich Carl von Savigny, Gustav Hugo) dominiert die für philosophische Monografien typische text- bzw. werkimmanente Interpretation die Hauptteile der Arbeit. Aus politiktheoretischer Perspektive hätte gerade in den Abschnitten zur bürgerlichen Gesellschaft und zum Staat der Rückgriff auf die zu Beginn angerissene ideengeschichtliche Deutung sehr gut getan. Besonders deutlich wird dieser Mangel im Fehlen eines eigenständigen abschließenden Kapitels, in dem die zentrale These noch einmal an die Ausführungen der einzelnen Kapitel hätte angebunden werden können. Die Argumentation, dass Hegels Rechtsphilosophie als Handlungstheorie in aristotelischer Tradition zu lesen ist, birgt trotzdem viele Anschlussmöglichkeiten für eine politiktheoretische Reaktualisierung der praktischen Philosophie Hegels.
Andreas Braune (BR)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Projekt "Bildung zur Freiheit", Institut für Politikwissenschaf, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rubrizierung: 5.33 Empfohlene Zitierweise: Andreas Braune, Rezension zu: Elisabeth Weisser-Lohmann: Rechtsphilosophie als praktische Philosophie. Paderborn: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32642-rechtsphilosophie-als-praktische-philosophie_38961, veröffentlicht am 01.06.2011. Buch-Nr.: 38961 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken