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Kai Buchholz

Professionalisierung der wissenschaftlichen Politikberatung? Interaktions- und professionssoziologische Perspektiven

Bielefeld: transcript Verlag 2008 (ScienceStudies); 237 S.; kart., 25,80 €; ISBN 978-3-89942-936-7
Diss. Bielefeld; Gutachter: P. Weingart, A. Bora. – Wissenschaftliche Politikberatung verfügt in der Öffentlichkeit über keinen sonderlich guten Ruf. Teils liegt das an dem sehr breiten – und damit unklaren – Spektrum von Kommunikationen zwischen Wissenschaft und Politik, die unter diesem Etikett laufen. Teils wird Politikberatung nicht ohne Grund kritisch beobachtet – vonseiten der Politik in der Klage über oftmals unerbetene, typisch über Medien vorgetragene Belehrungen; vonseiten der Öffentlichkeit mit der Befürchtung, Experten würden jenseits demokratischer Kontrolle Einfluss auf Entscheidungen nehmen. Angesichts solcher Beobachtungen betont der Autor zu Recht, dass es für diese Form der Beratung an der Schnittstelle zweier Funktionssysteme mit gänzlich verschiedenen Handlungslogiken noch kein angemessenes begriffliches Konzept gibt. Buchholz arbeitet die spezifischen Eigenschaften dieses Anwendungsfalls wissenschaftlich fundierten Wissens heraus. In der gerade im analytischen Teil sehr anregenden Studie schlägt er ein Konzept der Politikberatung vor, das auf der Verknüpfung von zwei theoretischen Perspektiven beruht. Zunächst gilt es, im Anschluss an Luhmann Beratung als ein Kommunikationssystem zu verstehen, dessen Leitproblem darin besteht, sie so zu kommunizieren, dass sie aufseiten der Adressaten anschlussfähig wird. Unter Rückgriff auf die Professionstheorie Oevermanns stellt Buchholz dann die charakteristischen Spannungen heraus, die die Beratungspraxis strukturieren. Ein wesentlicher Befund lautet: Auch Politikberatung ist nicht standardisierbar, weil die Beratung generalisiertes Wissen stets auf eine besondere Fallkonstellation beziehen muss und dies zugleich in einer Form, die die Autonomie der Adressaten nicht einschränkt. Resümierend votiert der Autor für eine stärkere Professionalisierung wissenschaftlicher Politikberatung. Die Studie ist in Kooperation mit der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Wissenschaftliche Politikberatung in der Demokratie“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften entstanden.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.2 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Kai Buchholz: Professionalisierung der wissenschaftlichen Politikberatung? Bielefeld: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29897-professionalisierung-der-wissenschaftlichen-politikberatung_35420, veröffentlicht am 02.09.2009. Buch-Nr.: 35420 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken