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Lars Oliver Michaelis

Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die Streitbare Demokratie zwischen Toleranz und Abwehrbereitschaft

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2000 (Schriften zum Parteienrecht 26); 292 S.; brosch., 88,- DM; ISBN 3-7890-6695-8
Rechtswiss. Diss. Hagen; Gutachter(in): K. Gräfin von Schlieffen, M. Morlok. - Darf der Verfassungsschutz eine Partei, die nicht verboten ist, mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten und sie etwa in seinen Berichten als "verfassungsfeindlich" oder "extremistisch" bezeichnen oder verletzt eine solche Praxis das Schutzgut des Art. 21 Abs. II GG? Vor dieser Frage steht die "wehrhafte Demokratie", die einerseits Demokratie ermöglichen, andererseits Angriffe auf die Demokratie abwehren dürfen soll, und zwar auch mit Eingriffen in die Grundrechte. Das Problem ist weder allein noch primär ein theoretisches: Als Anfang der Neunzigerjahre die Konferenz der Innenminister beschloss, die Republikaner durch die Ämter für den Verfassungsschutz überwachen zu lassen, versuchte diese Partei - teilweise mit Erfolg - dies durch Klagen vor den Verwaltungsgerichten zu verhindern. "Ergebnis dieser gerichtlichen Bemühungen war eine fast allerorts unterschiedliche juristische Einordnung und Bewertung der Tätigkeit der Ämter für Verfassungsschutz", was zeige, wie "wenig dieses Gebiet bislang juristisch untersucht wurde. Weder die Voraussetzungen, unter denen eine staatliche Beobachtung politischer Parteien erlaubt ist, noch die rechtlichen Grenzen sind bislang in irgendeiner Form zufriedenstellend konkretisiert worden" (23). Hier bessert der Autor aus. Ziel seiner Studie, die sich "auf typische parteienrechtliche Fragen" beschränkt, ist es, "den rechtlichen Rahmen für die 'Kontrolle' politischer Parteien durch den Verfassungsschutz, die Bekanntgabe nach Außen und sonstige konkrete Auswirkungen sowie für die rechtsstaatliche Kontrolle der ausführenden Ämter in diesem Bereich abzustecken." (24) Daneben widmet sich der Autor auch einer pikanten Problematik, die sich aus der - vor allem parlamentarisch angelegten - Kontrolle des Verfassungsschutzes ergibt. Im Bereich des Parteienrechts beinhalte sie nämlich die Gefahr, dass auch Parteien, die überwiegend selbst als extremistisch eingeschätzt werden, hieran beteiligt sind. "Dieses Problem wird erst jetzt langsam und mit beängstigender Naivität von der politischen Öffentlichkeit mit Blick auf die sich neu entwickelnde Parteienlandschaft in den östlichen Bundesländern zur Kenntnis genommen." (24) Inhaltsübersicht: Vorgeschichte [zu den "Republikaner-Verfahren"]; Die Ämter für Verfassungsschutz als Bestandteil der streitbaren Demokratie; Tätigkeit und Befugnisse der Ämter für Verfassungsschutz; Kontrolle des Verfassungsschutzes; Gefährdung des durch Art. 21 GG verliehenen Status; Verfassungsrechtliche Rechtfertigungsmöglichkeiten bei Eingriffen in Art. 21 GG; Rechtspolitische Forderungen.
Detlef Lemke (Le)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.32 | 2.37 | 2.331 | 2.325 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Detlef Lemke, Rezension zu: Lars Oliver Michaelis: Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Baden-Baden: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/12892-politische-parteien-unter-der-beobachtung-des-verfassungsschutzes_15443, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15443 Rezension drucken