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Johan S. U. Wagner

Politische Beratungsinstitute, Europa und der Maghreb, 1990-2000

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2014 (Schriftenreihe des Deutsch-Französischen Historikerkomitees 10); 320 S.; kart., 54,- €; ISBN 978-3-515-10647-4
Diss. HU Berlin; Begutachtung: H. Kaelble, A. Nützenadel. – Der Autor geht in seiner vergleichend angelegten Dissertation der Frage nach, welchen Einfluss außenpolitische Beratungsinstitute in Deutschland und Frankreich nach dem Ende des Kalten Krieges auf die Bestimmung des Verhältnisses von Europa zur arabischen Welt, und hier insbesondere zu den Maghreb‑Staaten, genommen haben. Obschon die Beratungsinfrastruktur in Deutschland wesentlich stärker ausgeprägt ist als in Frankreich, identifiziert Wagner jeweils zwei federführende Institute, anhand derer er seine Analysen vornimmt: die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) auf deutscher, das Centre d’Études et de Recherches Internationales (CERI) und das Institut Français des Relations Internationales (IFRI) auf französischer Seite. Deren Betätigungsfeld sei, so Wagner, nach dem Ende des Ost‑West‑Gegensatzes zunehmend durch den Topos der Europäisierung besetzt worden. Europäisierung als Selbstbeschreibung stehe dabei beratungsstrategisch – und in Gegenüberstellung zum Fremdbezug der Maghreb‑Staaten – mehr und mehr für eine Abkehr von nationalen Beratungspraktiken. Stattdessen gelte es, im Zuge der Politikberatung kooperative, über Ländergrenzen innerhalb der Europäischen Union hinausreichende Wissenstransfers zu ermöglichen. In inhaltlicher Hinsicht habe sich die Europäisierung in einer zunehmenden Identifikation mit den Institutionen der Europäischen Union niedergeschlagen. Nicht mehr spezifisch deutsche oder französische Interessen stehen damit im Mittelpunkt der außenpolitischen Strategien, sondern europäische. Neben diesen Gemeinsamkeiten in der Entwicklung und Arbeit der Beratungsinstitute identifiziert Wagner nach wie vor bestehende Unterschiede, etwa hinsichtlich der tatsächlichen Organisation der Einbindung der Beratungsinstitute in den Regierungsapparat. Insgesamt zeigt sich erneut die integrative Bedeutung des viel zitierten deutsch‑französischen Tandems nicht nur bei der außenpolitischen Positionierung Europas, sondern auch angesichts der massiven Umwälzungen infolge des Arabischen Frühlings.
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Rubrizierung: 5.22.32.61 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Johan S. U. Wagner: Politische Beratungsinstitute, Europa und der Maghreb, 1990-2000 Stuttgart: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38164-politische-beratungsinstitute-europa-und-der-maghreb-1990-2000_46496, veröffentlicht am 12.03.2015. Buch-Nr.: 46496 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken