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Cornelius Castoriadis (Hrsg.)

Philosophie, Demokratie, Poiesis

Frankfurt: Verlag Edition AV 2011 (Ausgewählte Schriften 4); 288 S.; 17,- €; ISBN 978-3-86841-063-1
Im deutschsprachigen Raum ist der 1997 verstorbene politische Philosoph Cornelius Castoriadis vor allem für seine freudianisch-marxistische Studie „Gesellschaft als imaginäre Institution“ aus dem Jahr 1975 bekannt. Die zahlreichen Texte, die er von den späten 1970er-Jahren an in sechs Aufsatzsammlungen veröffentlichte, werden dagegen erst seit dem Jahr 2006 in der verdienstvollen Reihe „Ausgewählte Schriften“ dem hiesigen Publikum zugänglich gemacht. Der vierte Band dieser Reihe versammelt nun aus insgesamt fünf der genannten sechs Sammelbände Texte über die Auseinandersetzung mit der antiken Demokratie. Von besonderem Interesse sind die Beiträge heute aus einem dreifachen Grund. Erstens war Castoriadis ein besonderer Kenner der griechischen Antike und in seinen Texten zeigt er sich als ein profunder, aber auch provokanter Interpret antiker Politik und Gesellschaft sowie gleichermaßen antiker Literatur und Mythologie. Zweitens wurzelt nach Castoriadis das westliche Weltbild ebenso wie das westliche Politikverständnis in der griechischen Antike. Eine angemessene Deutung der antiken Ideen leistet deswegen eine wichtige Selbstaufklärung über die auch heute – nicht zuletzt unbewusst – herrschenden politisch-sozialen Ideale. Drittens entspringt nach Castoriadis das Konzept der Autonomie, das seine gesamte Philosophie prägt, der griechischen Antike. In seiner Beschäftigung mit dem antiken Denken gibt der eigenwillige Philosoph seinen Interpreten deswegen gleichsam einen Schlüssel für sein gesamtes Werk an die Hand, das heute wieder eine zunehmende Beachtung findet. Im Gegensatz zu einigen der bisherigen Übersetzungen hat Michael Halfbrodt den gelegentlich sperrigen Duktus von Castoriadis in ein überraschend flüssiges, aber an keiner Stelle oberflächliches Deutsch gebracht. Das Denken von Castoriadis bleibt damit ambitioniert, aber die „Ausgewählten Schriften“ können nun einem breiten Lesepublikum anempfohlen werden.
Stefan Militzer (SM)
Dr., Publizist, Frankfurt a. M.
Rubrizierung: 5.31 | 5.46 Empfohlene Zitierweise: Stefan Militzer, Rezension zu: Cornelius Castoriadis (Hrsg.): Philosophie, Demokratie, Poiesis Frankfurt: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35725-philosophie-demokratie-poiesis_43285, veröffentlicht am 17.01.2013. Buch-Nr.: 43285 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken