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Martin Soppe

Parlamentarische Selbstentmachtung als faktische Wahlrechtsbeeinträchtigung. Ein Beitrag zum subjektiven Recht auf Demokratie aus Art. 38 Abs. 1 GG

Berlin: Duncker & Humblot 2002 (Schriften zum öffentlichen Recht 879); 370 S.; 68,- €; ISBN 3-428-10587-7
Rechtswiss. Diss. Hannover; Gutachter: K. Waechter, H.-E. Folz. - Der Verfasser unternimmt eine breit angelegte rechtsdogmatische Untersuchung zu der seit dem Maastricht-Urteil im Raum stehenden Frage, ob die vom Bundesverfassungsgericht dort vorgenommene materiell-rechtliche Aufladung des wahlrechtlichen Schutzbereichs von Art. 38 Abs. 1 GG im Anwendungsbereich von Art. 23 GG zu einem generalisierbaren subjektiven Recht auf Demokratie und damit auch zu einer wirksamen Grenzziehung für die parlamentarische Selbstentmachtung qua Kompetenzübertragung im innerstaatlichen und internationalen Bereich führe. Die systematische Prüfung der bislang zu dieser Problematik vorgetragenen rechtsdogmatischen Ansätze ergibt, dass sie allesamt an der dogmatisch überzeugenden Bestimmbarkeit des erweiterten Schutzbereichs des Art. 38 Abs. 1 GG scheiterten. Das in Art. 38 enthaltene Wahlrecht schütze "lediglich das Recht auf Teilnahme an der Konstituierung der Staatsgewalt, nicht aber den Übergriff auf die Ausübung dieser Gewalt durch den Bundestag" (162). Aus diesem Grund argumentiert der Verfasser für eine Beibehaltung des überkommenen grundrechtlichen Schutzbereichs bei gleichzeitiger begrifflicher Ausdehnung dessen, was als grundrechtliche Beeinträchtigung zu bewerten ist und setzt somit bei der - analog zum Verwaltungsakt entwickelten - Erweiterung des Eingriffsbegriffs an. Hierbei kommt es zum einen darauf an, den am status negativus entwickelten Eingriffsbegriff auf den status activus des Wahlrechts zu übertragen und zum anderen die Frage nach unmittelbaren und indirekten Grundrechtsbeeinträchtigungen im status activus zu beantworten. Insoweit könne dann auch die parlamentarische Kompetenzdelegation, z. B. an supranationale Instanzen, als indirekte Wahlrechtsbeeinträchtigung erscheinen. Die durchweg ausgewogen und differenziert vorgetragenen Überlegungen zu dieser auch politikwissenschaftlich relevanten Grundrechtsproblematik werden durch rechtsvergleichende Blicke ergänzt und zum Schluss mit den wesentlichen Ergebnissen noch einmal in übersichtlicher Thesenform zusammengefasst.
Roland Lhotta (RL)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.321 | 3.2 Empfohlene Zitierweise: Roland Lhotta, Rezension zu: Martin Soppe: Parlamentarische Selbstentmachtung als faktische Wahlrechtsbeeinträchtigung. Berlin: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/17079-parlamentarische-selbstentmachtung-als-faktische-wahlrechtsbeeintraechtigung_19640, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19640 Rezension drucken