Organstreitverfahren vor den Landesverfassungsgerichten. Eine politikwissenschaftliche Untersuchung
Politikwiss. Diss. Konstanz; Begutachtung: A. Vatter, M. Freitag. – Während die Rolle des Bundesverfassungsgerichts im politischen System zunehmend thematisiert wird, liegen vergleichbare Arbeiten zu den Landesverfassungsgerichten bisher so gut wie gar nicht vor. Flick zielt mit ihrer Untersuchung auf diese Forschungslücke, indem sie sich den Organstreitverfahren widmet. Hier spiegeln sich – so die Autorin – die Konflikte zwischen Regierung und Opposition direkt wider, sodass auch den Verfassungsgerichten eine genuin politische Rolle zugewiesen wird. Flick fragt, was „Einfluss auf die Häufigkeit oppositioneller Organklagen“ hat, wodurch die „oppositionellen Erfolgsaussichten“ bestimmt werden und wie die Verfassungsgerichte selbst wiederum Einfluss auf das „Parlamentsrecht der Bundesländer [...], insbesondere auf die Rechte der parlamentarischen Minderheiten“ (XIV) ausüben. Der Untersuchungszeitraum der quantitativ-statistischen, aber auch qualitativ-inhaltsanalytischen, theoretisch am akteurszentrierten Institutionalismus ausgerichteten Arbeit erstreckt sich auf die Jahre 1992 bis 2007, „um auch die ostdeutschen Verfassungsgerichte mit einbeziehen zu können“ (13). Flick kommt u. a. zu folgenden Ergebnissen: Klagen werden insgesamt seltener erhoben, je geringer „die ideologische Distanz zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien“ (279) ist, speziell im Ost-West-Länder-Vergleich je stärker der Opposition parlamentarische Kontrollrechte zur Verfügung stehen. Bei den Erfolgsaussichten lasse sich dagegen „kein Anhaltspunkt“ für den Einfluss durch den „politische[n] Hintergrund der Richter“ (280) finden, was aber auch nach ihrer eigenen Einschätzung wohl am Datenmangel infolge nicht-öffentlicher Wahlverfahren und Entscheidungsberatung liegt. Von Einzelfällen in Nordrhein-Westfalen und Bayern abgesehen seien darüber hinaus „für die Erweiterung der Minderheitenrechte“ eher „die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts“ von „größerer Bedeutung“ (282) gewesen; dies spreche gegen die These, dass die Landesverfassungsgerichte durch den „Ausbau parlamentarischer Minderheitenrechte auch das Ziel verfolgen“ ihre Position zu stärken, indem sie „die Opposition zur Austragung von Organstreitigkeiten [...] ermuntern“ (286).