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Benjamin Gilde

Österreich im KSZE-Prozess 1969-1983. Neutraler Vermittler in humanitärer Mission

München: Oldenbourg Verlag 2013 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 98); XII, 476 S.; 59,80 €; ISBN 978-3-486-70506-5
Geschichtswiss. Diss. Leipzig; Begutachtung: H. Wentker, D. Brunner. – Die Arbeit ist Teil des am Institut für Zeitgeschichte München‑Berlin angesiedelten Projektes „Der KSZE‑Prozess: Multilaterale Konferenzdiplomatie und ihre Folgen (1975–1989/91)“ (siehe Buch‑Nr. 42250, 44876, 43215 und 41997). Benjamin Gilde untersucht, „welche Bedeutung Österreich bei der Entstehung und Entwicklung der humanitären Dimension der KSZE zukam“ (5). Chronologisch gegliedert werden multilaterale Verhandlungsprozesse, bilaterale Versuche der Implementierung und die relevanten Akteure in den Blick genommen. Auf der Basis der österreichischen staatlichen Überlieferung, des Nachlasses von Bruno Kreisky (Außenminister zwischen 1959 und 1966, Kanzler von 1970 bis 1983) sowie weiterer Archiv‑ und publizierter Quellen beschreibt und analysiert Gilde vier Phasen des KSZE‑Prozesses: die Vorgeschichte bis zum Abschluss des Gipfels von Helsinki am 1. August 1975 – worauf mit über 200 Seiten die Hälfte der Darstellung verwendet wird –, die ersten Überlegungen und Aktivitäten Österreichs zur Implementierung der humanitären Bestimmungen der Schlussakte, das Folgetreffen in Madrid (1977/78) und dasjenige in Belgrad (1980‑1983). Es wird deutlich, dass einzelne Akteure mit ihrem Engagement auch „missionarische Absichten“ verbanden, die „zumindest auf lange Sicht gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in Osteuropa den Boden […] bereiten [sollten]“ (437). In der Gruppe der neutralen Staaten, die „auf den Verlauf das Ergebnis der Verhandlungen erkennbaren Einfluss [nahmen] und […] keineswegs vor den besonders brisanten Themen der Agenda zurück[schreckten]“ (1), kam Österreich eine gewisse Sonderrolle zu: Es vertrat eigene Interessen, nahm aber zudem eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den Blöcken ein und konnte sich so als außenpolitischer Akteur profilieren. Damit zusammenhängend ging „ein wesentlicher Teil der konkreten Verbesserungen in Korb III“ (441), also hinsichtlich der humanitären Fragen, auf österreichische Initiativen zurück. Insgesamt also war das Land zwar im Hinblick auf die Blockbindung neutral, aber nicht in ideologischer Hinsicht – hier war die Zugehörigkeit zum Westen klar.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 4.222.44.3 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Benjamin Gilde: Österreich im KSZE-Prozess 1969-1983. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36622-oesterreich-im-ksze-prozess-1969-1983_44877, veröffentlicht am 16.01.2014. Buch-Nr.: 44877 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken