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John Breuilly

Nationalismus und moderner Staat. Deutschland und Europa. Übersetzt und hrsg. von Johannes Müller

Köln: SH-Verlag 1999 (Kölner Beiträge zur Nationsforschung 6); 348 S.; 58,- DM; ISBN 3-89498-060-5
Dem Nationalismus als Geisteshaltung bzw. mentale Struktur, als Ausdruck von Nationalbewußtsein, als politische Doktrin oder Ideologie gilt im allgemeinen das Interesse der Nationalismusforschung; Nationalismus wird also verstanden als eine Art notwendiger Identität oder der Suche danach. Oder Nationalismus wird interpretiert als Ausdruck von Klassenkonflikten. Breuilly dagegen versteht den Nationalismus als ein besonders effektives politisches Verhalten: Denn "bevor man auf der Suche nach den vermuteten nichtpolitischen Ursprüngen des Nationalismus hinter den Nationalismus zu blicken versucht, sollte man zunächst detailliert herausarbeiten, wie diese Politik, die wir Nationalismus nennen, beschaffen ist, in welchem politischen Zusammenhang sie steht und welche politischen Mittel zum Einsatz kommen" (30 f.). Dabei stellt sich heraus, daß der Nationalismus unterschiedlichen Gruppen als Handlungsstrategie, um die Macht im Staate zu erlangen, dienen kann. Er definiert sich als politische Bewegung über sein Verhältnis zum jeweiligen Staat, zu dem er in Opposition steht oder den er beherrscht. Er erscheint als eine "besondere Reaktion auf die für die Moderne charakteristische Trennung von Staat und Gesellschaft, die er aufzuheben versucht" (302). Breuillys vergleichende Untersuchung weist im Falle des deutschen Nationalismus darauf hin, daß "die liberale Nationalbewegung, die Mitte des 19. Jahrhunderts für die deutsche Vereinigung eintrat, mit dem Nationalismus viel weniger gemein [hat] als mit der liberalen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts in Italien; und der deutsche Nationalismus hat mit dem italienischen Faschismus mehr gemein als mit der liberalen Nationalbewegung Mitte des 19. Jahrhunderts" (300). Inhaltsübersicht: I. Nationalismus in vergleichender Perspektive: 2. Vorformen des Nationalismus: Religiöse und nationale Opposition im frühzeitlichen Europa; 3. Vereinigungsnationalismus im Europa des 19. Jahrhunderts; 4. Faschismus (Reformnationalismus); 5. Aktueller Nationalismus in Ost- und Mitteleuropa. II. Nationalstaat und nationale Identität in Deutschland: 6. Souveränität und Staatsgrenzen: Moderne Staatsbildung und nationale Identität in Deutschland; 7. Die Idee der Nation in der neueren deutschen Geschichte. III. Nationalismus und Moderne: 8. Wege zum Verständnis des Nationalismus; 9. Nationalismus und moderner Staat.
Heinz-Werner Höffken (Hö)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.22 | 2.35 | 2.31 | 2.62 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Heinz-Werner Höffken, Rezension zu: John Breuilly: Nationalismus und moderner Staat. Köln: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6999-nationalismus-und-moderner-staat_9375, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 9375 Rezension drucken