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Stefan Hermanns

Kritik am Parlamentarismus bei Carl Schmitt und die Utopie der Demokratie

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2011 (Europäische Hochschulschriften: Reihe XXXI, Politikwissenschaft 595); 134 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-631-60875-3
Diplomarbeit. – Es besteht keine Verpflichtung zur Veröffentlichung akademischer Abschlussarbeiten und manche Diplomarbeit wäre besser ungedruckt geblieben: Hermanns, der sich mit Carl Schmitts Parlamentarismuskritik beschäftigt, pflegt einleitend die beliebte Legende von der Tabuisierung, mit der bereits die Lektüre von Schmitt quasi zum intellektuellen Partisanenakt stilisiert wird. In der Sache bringt Hermanns nichts Neues; das, was er diskutiert, hat der Autor allenfalls zur Hälfte begriffen. Man könnte das Bändchen stillschweigend übergehen, wenn nicht immer wieder jene aggressiven Anschuldigungen auftauchen würden, die unter Schmitt-Bewunderern offenbar zum Standardprogramm zählen. So lesen wir: „Jürgen Habermas versuchte vehement die Werke Carl Schmitts in Abrede zu stellen. Trotz seiner sonst sehr scharfsinnigen Analysen unterlaufen ihm hierbei so gravierende Fehler, dass seine Argumentationslinie und damit seine gesamte Kritik unglaubwürdig wird“ (80). Als Beleg führt Hermanns eine Datierungsfrage zum „Begriff des Politischen“ an: Habermas würde durch Zitation der Auflage von 1932 statt der Erstfassung von 1928 „das Werk fälschlicherweise in die Nähe der Nationalsozialisten“ (81) rücken. Dass der jüngere Text eine radikalisierte Fassung darstellt, übersieht Hermanns. Habermas hat sich jedenfalls mit dem Original beschäftigt, Hermanns beruft sich bei seinem Vorwurf aber nur auf den rechtsextremen Schmitt-Adepten Günter Maschke und hat Habermas nicht gelesen. Obwohl Hermanns sich klar zur Demokratie bekennt – die er allerdings zugleich für eine Utopie hält – und Schmitt auch nicht unkritisch folgen will, zeigt er sich doch von dessen explizit antiliberaler Position beeindruckt. Dass der Verfasser, wie man dem Internet entnehmen kann, seine politische Heimat ausgerechnet in einer liberalen Partei gefunden hat, ist dann doch verblüffend. Nach 120 Seiten voll haarsträubender Fehler und grotesker Stilblüten blättert man erschöpft zum Eingangsmotto zurück, wo man peinlich berührt Schmitts eigene Worte findet: „Ich fürchte oberflächliche Leser“ (7). Zumindest in diesem Punkt kann man ihm folgen..
Gideon Botsch (GB)
Dr., Dipl. Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam (http://www.mmz-potsdam.de).
Rubrizierung: 5.46 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Gideon Botsch, Rezension zu: Stefan Hermanns: Kritik am Parlamentarismus bei Carl Schmitt und die Utopie der Demokratie Frankfurt a. M. u. a.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33736-kritik-am-parlamentarismus-bei-carl-schmitt-und-die-utopie-der-demokratie_40405, veröffentlicht am 13.04.2011. Buch-Nr.: 40405 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken