Korruption im Sport. Mafiose Dribblings. Organisiertes Schweigen
Als der Herausgeber, mit diversen Preisen für kritischen Sportjournalismus ausgezeichneter Mitarbeiter der Berliner Zeitung, im Mai 2006 das Vorwort zu diesem Band verfasst hatte, stand dem Sportjahr 2006 der Tiefpunkt in Form einer komplett vom Doping unterminierten Tour de France erst noch bevor. Doch die Mechanismen, die die Autoren hier beschreiben, sollten sich auch in diesem Falle als gültig erweisen. Das liegt daran, dass der Herausgeber einen sehr weiten Korruptionsbegriff gewählt hat, der jede Form der Schädigung eines anderen umfasst. Da Weinreich einleitend deutlich macht, wie sehr ehemals ehrenamtlich geführte Weltsportverbände mittlerweile zu global agierenden Entertainment-Konzernen mit engen Verbindungen zur Politik transformiert worden sind, ist der Geschädigte in fast jedem Falle schnell gefunden: der Steuerzahler, denn meist werden die Großereignisse durch umfassende öffentliche Investitionen erst möglich gemacht. Die Autoren liefern Fallbeispiele aus unterschiedlichen Sportarten und behandeln Phänomene wie dubiose Finanzierungsstrategien für WM-Stadien, Doping oder Wettmanipulation. Die Beiträge stammen von renommierten Journalisten und Wissenschaftlern, etwa Jennings, Franke oder Leyendecker. Aufgrund der engen Verflechtungen zwischen Sport und Politik – man denke nur an die Diskussion um politische und großindustrielle Einflussnahmen auf die Vergabe der olympischen Winterspiele 2014 an das russische Sotschi – aber auch und gerade aufgrund der in diesem Band u. a. beleuchteten Rolle der Sport-Unterhaltungsindustrie als „global operierende Bewusstseinsindustrie“ (79) ist das Thema von nicht zu unterschätzender politischer Relevanz.