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Thilo Thielke

Kenia. Reportagen aus dem Inneren eines zerrissenen Landes

Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2008; 231 S.; pb., 19,90 €; ISBN 978-3-86099-868-7
„Der Vielvölkerstaat Kenia ist ein Tollhaus geworden, überall finden ethnische Säuberungen statt. Ein Perpetuum Mobile des Wahnsinns.“ (70) So beschreibt Thielke, von 2003 bis 2008 Afrika-Korrespondent des „Spiegel“, den bürgerkriegsähnlichen Zustand, in dem sich das ostafrikanische Land zu Beginn des Jahres 2008 befand. Auslöser waren Manipulationen der Präsidentschaftswahl im Dezember 2007, bei der Präsident Mwai Kibaki einen knappen Wahlsieg errungen hatte. Thielke legt eine Art Tagebuch der letzten Wochen, die er in Kenia verbrachte, vor. Einen wissenschaftlichen Anspruch erhebt er freilich nicht. Doch er ergänzt seine Reportagen um Hintergrundinformationen, Rückblicke und gelegentliche Hinweise auf Parallelen in anderen afrikanischen Staaten. Das Buch beginnt mit dem Wahltag am 27. Dezember 2007, an dem sich ein stark ausgeprägtes demokratisches Bewusstsein der Bevölkerung zeigt, die ihr Wahlinteresse sehr ernst nimmt. Es folgen bewegende und eindrückliche Schilderungen über marodierende Banden, brennende Stadtteile, über Szenen von Hass, Brutalität und Elend. Thielke schreibt über die Machtgier und Korruption der herrschenden Eliten, über Begegnungen mit Menschenrechtlern, Kirchenvertretern und Wahlbeobachtern. Er berichtet über die Aufdeckung der Wahlfälschungen und über die unter internationaler Beteiligung herbeigeführte Beendigung des Konflikts: Seit April 2008 regieren Präsident Kibaki und Oppositionsführer Odinga als Premierminister gemeinsam. Das Regierungskabinett zählt 42 Minister und 52 Hilfsminister – ein „Projekt des Irrsinns“ (197), so Thielke, denn bereits im März hatte es Proteste gegen die Bereicherungspläne der Volksvertreter gegeben, erneute Straßenschlachten und soziale Unruhen folgten. „Der Bürgerkrieg, der Anfang des Jahres in sprichwörtlich letzter Minute verhindert wurde, könnte nur vertagt worden sein.“ (200) Kritisch weist Thielke auch auf die Rolle der Geberländer, die am Ende die Zeche zahlen und durch die Finanzierung korrupter Regimes diese legitimieren würden.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.67 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Thilo Thielke: Kenia. Frankfurt a. M.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29966-kenia_35515, veröffentlicht am 03.02.2009. Buch-Nr.: 35515 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken