Die Organisationen der deutschen Volksgruppen in der Tschechoslowakischen Republik, so der Verfasser, hätten die Zerschlagung des Landes im Jahr 1938 mit vorbereitet und danach aktiv an der Enteignung, Vertreibung und Ermordung der jüdischen und kommunistischen Bevölkerung mitgewirkt. Die CSR sei eine Demokratie mit einem bis dato einmaligen Minderheitenschutz gewesen, der der deutschsprachigen Bevölkerung die freie kulturelle Entfaltung in einem dichten Netz kultureller und publizistischer Einrichtungen ermöglicht habe. Zur Durchsetzung politischer Ziele sei jedoch gezielt der Mythos von den verfolgten und unterdrückten deutschen Minderheiten verbreitet worden. Nach dem Ende des Krieges hätten sich die entsprechenden Gruppen in der Bundesrepublik umgehend reorganisiert. „Der alte Traum der sudetendeutschen Nazis von der Schaffung eines einheitlichen und homogenen Stammes hatte sich erst in der Bundesrepublik verwirklicht.“ (140). Es habe dabei auch personelle Kontinuitäten gegeben, da zahlreiche führende Funktionäre aktive Nationalsozialisten gewesen seien. Außerdem seien die Vertriebenenorganisationen von Anfang an politisch unterstützt worden. Das zentrale ideologische Element sei bis heute die Vorstellung einer biologisch homogenen deutschen Volksgruppe, deren kollektive Rückkehrrechte in die „Heimat“ gefordert werden. In deutlichem Gegensatz dazu stünden die Aufnahmebedingungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Bayern. Diese verlangten keine tatsächliche Vertreibung bzw. Enteignung sondern ermöglichten die Mitgliedschaft auch durch einen einfachen Beitritt. Im Ergebnis habe sich die Mitgliederzahl fast verdoppelt - „Die größte Vertreibung der Weltgeschichte hat in der Bundesrepublik von 1950 bis 1970 durch Geburten stattgefunden“ (159).