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Toralf Staud

Grün, grün, grün ist alles, was wir kaufen. Lügen, bis das Image stimmt

Köln: Kiepenheuer & Witsch 2009 (KiWi Paperback 1102); 272 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-462-04106-4
Seit gut zwanzig Jahren wird der Umweltschutz in den Augen von Konsumenten immer wichtiger. Dass es sich dabei nicht nur um Randgruppen handelt, zeigte spätestens 1995 die Boykottkampagne von Greenpeace gegen Shell; damals wollte der Konzern eine Ölplattform in der Nordsee versenken. Marketingexperten haben längst verschiedene Zielgruppen im Auge, die auf Gesundheit und Nachhaltigkeit achten, wozu in Deutschland rund 15 Prozent der Kunden gerechnet werden. Staud hat nun diverse Fälle zusammengetragen, in denen Konzerne, Lobbyisten oder Politiker nicht unbedingt lügen, sondern „Informationen weglassen, oder in irreführende Zusammenhänge stellen“ (21). Mit scheinbarer Umweltfreundlichkeit lässt sich Geld verdienen, Wählerstimmen gewinnen und Interesse organisieren. Am Beispiel einer Presseerklärung des bayerischen Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Friedrich erläutert dies der Autor für die Politik. Nicht nur stellte das Papier entgegen der Realität von Klimaschutz-Ranglisten deutsche Autohersteller als umwelttechnologisch führend dar, sondern argumentierte auch mit schlicht falschen Emissionszahlen. Der Abgeordnete wendet sich mit seiner Erklärung erfolgreich gegen strenge Emissionsregeln für deutsche Hersteller. Am Beispiel des Deutschen Atomforums führt der Autor erfolgreiche Lobbyarbeit vor: „die Legende von der Renaissance“ (119) der Atomkraft. Zahlreiche Medien verbreiten nach wie vor, dass sich derzeit mit 32 im Bau befindlichen Reaktorblöcken eine solche Renaissance ankündige. Doch „ein Drittel davon sind unendliche Geschichte wie Atucha-2 in Argentinien (Baubeginn 1981) oder Busheer im Iran (Baubeginn 1975)“ (120), führt Staud aus. Und er zitiert einen Wissenschaftler mit interessanten Zahlen. Denn bei einer angenommenen Betriebszeit von 40 Jahren werden bis 2015 90 Reaktoren vom Netz gehen und bis 2025 nochmals 192. Viele Beispiele dieser Art machen das Buch zu einer ebenso interessanten wie amüsanten und manchmal auch zum Kopfschütteln einladenden Lektüre.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.341 | 2.342 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Toralf Staud: Grün, grün, grün ist alles, was wir kaufen. Köln: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31130-gruen-gruen-gruen-ist-alles-was-wir-kaufen_37021, veröffentlicht am 26.08.2009. Buch-Nr.: 37021 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken