Globalisierung der Wirtschaft und finanzpolitische Anpassungsreaktionen in Westeuropa
Politikwiss. Habilitationsschrift Heidelberg; Gutachter: M. G. Schmidt. – Der Autor folgt der Annahme, dass Globalisierung und EU-Integration den Nationalstaaten prinzipiell wirtschafts- und sozialpolitische Anpassungen abfordern. Er wendet sich aber gegen Argumentationen, die einen einschneidenden Verlust staatlicher Handlungsspielräume postulieren oder unterstellen, dass der Globalisierungsdruck automatisch in (neoliberale) „Policies übersetzt wird“. Vielmehr, so Zohlnhöfer, werde die „‚Politik der Globalisierung’ nicht durch die Globalisierung selbst“ (21) bestimmt, sondern durch die Reaktionen (partei)politischer Akteure. Vor diesem Hintergrund steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich Anpassungsprozesse in westeuropäischen Demokratien vollziehen. Hierfür entwickelt Zohlnhöfer ein theoretisches Modell der politischen Willensbildung. Kernstück sind acht aus Ansätzen der Staatstätigkeitsforschung gewonnene Hypothesen darüber, unter welchen Vetospielerkonstellationen sowie parteipolitischen und -wettbewerblichen Bedingungen Anpassungsreaktionen auf externe Herausforderungen wahrscheinlich sind. So wird beispielsweise angenommen, dass Anpassungsleistungen unter sozialdemokratischen Parteien später erfolgen oder moderater ausfallen als unter bürgerlichen Parteien, dass Parteien bei unpopulären Entscheidungen versuchen, die „elektorale Bestrafung durch die Wähler zu vermeiden“ (47) oder dass bei der Existenz kompetitiver Vetospieler Anpassungsreaktionen nur dann zustande kommen, „wenn diese inhaltlich von beiden Seiten tragbar sind und keine Seite sich elektorale Vorteile aus einer Blockade versprechen kann“ (48). Das Modell wird in vier Länderstudien angewendet: Zohlnhöfer zeichnet die Willensbildungsprozesse in der Finanz-, Sozial- und Steuerpolitik in Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark und Deutschland seit den 80er-Jahren nach. Die aufgestellten Hypothesen konnten sich in vielen Fällen bewähren und es wurde deutlich, dass „Anpassungsprozesse unterschiedlich lange gedauert und Regierungen [...] unterschiedliche Wege beschritten [haben].“ (409) Globalisierung bedeute also keineswegs das Ende der Politik.