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Bonn International Center for Conversion (BICC) / Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) / Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) (Hrsg.)

Friedensgutachten 2013. Hrsg. von Marc von Boemcken, Ines-Jacqueline Werkner, Margret Johannsen und Bruno Schoch

Berlin: Lit 2013; VI, 324 S.; 12,90 €; ISBN 978-3-643-12151-6
Das Friedensgutachten 2013 ist wieder – und mit Blick auf die gegenwärtige Verfassung von Frieden muss man sagen: leider – so vielschichtig, dass nur wenige, schlaglichtartige Positionen angedeutet werden können. In der Stellungnahme der Herausgeber_innen zu aktuellen Entwicklungen und Empfehlungen dominieren fünf Themen: Die aktuelle Praxis, vermehrt unbemannte Drohnen als Interventionsersatz einzusetzen, führt zunehmend zu einem Verschwimmen von Krieg und Frieden. Die globalen Etats für Rüstung und Militär – signifikante Ausnahme: Asien – schrumpfen. Das jedoch liegt an der reduzierten Kostenintensität neuer, nicht mehr auf hohe Personalstärke oder Truppenpräsenz angewiesener Kriegsstrategien. Rüstungsmärkte verschieben sich zunehmend: aus Europa in den Nahen und Mittleren Osten sowie nach Asien. Rüstungskonversion – also die Umwandlung von Produktionskapazitäten in der Rüstungsindustrie hin zu zivilen Produkten – könnte, gefördert durch die EU, ein Ausweg sein. Angesichts des Syrienkrieges und der Unfähigkeit, sich auf gangbare Lösungsoptionen zu einigen, sehen die Herausgeber_innen den einzigen übergreifenden Konsens in der Bereitstellung humanitärer Hilfe vor Ort – auch wenn diese unbeabsichtigt lokale Regime stützen und damit den Konflikt verlängern könnte. Schließlich, als fünftes Thema, wird die Frage nach der Qualität der atomaren Aufrüstungsversuche im Iran und in Nordkorea aufgeworfen. Da die tatsächlichen Fähigkeiten zur Bereitstellung und zum Einsatz atomarer Waffen in beiden Staaten gegenwärtig nicht adäquat einzuschätzen sind, bleiben jeweils nur diplomatische Lösungen, die im Falle Irans auf die Schaffung eines atomwaffenfreien Nahen‑ und Mittleren Ostens hinausliefen. In all diese Entwicklungen ist die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland mehr oder minder stark eingebunden. So scheint – nach all den Problemen in der Welt – ein Blick ins eigene Land unumgänglich, zumal sich nach der Bundestagswahl eine Beurteilung der schwarz‑gelben Außenpolitik anbietet. Corinna Hanswedell versucht in ihrem Beitrag, deren Leistung zu bilanzieren: „Die deutsche Außenpolitik hat es nicht leicht“ (180), so ihre einleitende Feststellung. Das kann aber auch eine selbstverschuldete Problematik sein, denn: „Die gegenwärtige Berliner Außenpolitik lässt einen klaren Primat vermissen.“ (191) In einer komplexen außenpolitischen Szenerie braucht es einen funktionierenden Kompass. Mal sehen, ob ihn der nächste Außenminister wiederfindet.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.41 | 4.22 | 4.3 | 4.5 | 2.61 | 2.63 | 2.64 | 2.65 | 2.67 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Bonn International Center for Conversion (BICC) / Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) / Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) (Hrsg.): Friedensgutachten 2013. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36422-friedensgutachten-2013_44139, veröffentlicht am 21.11.2013. Buch-Nr.: 44139 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken