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Berthold Meyer

Formen der Konfliktregelung. Eine Einführung mit Quellen

Opladen: Leske + Budrich 1997 (Friedens- und Konfliktforschung 3); 522 S.; kart., 44,- DM; ISBN 3-8100-1786-8
In Marburg wurde jüngst ein Nebenfachstudiengang Friedens- und Konfliktforschung ins Leben gerufen. Aus der Natur des Gegenstandes heraus ist dieser interdisziplinär angelegt, hat allerdings einen sozialwissenschaftlichen Schwerpunkt, der drei Bereiche umfaßt: 1. Geschichte und Begriffe als Einführung in die Friedens- und Konfliktforschung, 2. sozialwissenschaftliche Konflikttheorien und 3. Formen der Konfliktregelung. Für jeden Bereich wurde eine Einführung mit Quellentexten konzipiert und publiziert. Der vorliegende Band schließt diese Reihe ab. Er begibt sich auf die Suche nach Konfliktregelungs-, nicht Konfliktverhütungsformen. Denn Konflikte sind eine Folge menschlichen Zusammenlebens und als solche Bestandteil des Lebens aller. Konfliktverhinderung entspringt demnach einem Harmoniebedürfnis, bei dem der Konfliktbegriff negativ belegt ist. Der Verfasser macht sich zum Zwecke wissenschaftlicher Bearbeitung von diesem Vorverständnis frei und definiert als Ziel der Konfliktregelung nicht die Konflikt-, sondern die Gewaltprävention. Am Beginn des Bandes geht Meyer deshalb auf Entstehung und Verlauf von Konflikten sowie die Ambivalenz der Gewalt als violentia oder potestas ein. Weitere theoretische Ausführungen des einführenden Kapitels behandeln die konstruktive Konfliktbearbeitung, die Typisierung von Konflikten, die Rolle von Kommunikation in Konflikten und die strukturellen Probleme des Konfliktaustrags. In den folgenden Kapiteln werden auf verschiedenen Ebenen (als solche haben zu gelten: Natur, Individuum, Staat, Gesellschaft, internationales System) angesiedelte Konflikte unterschiedlicher Reproduktionsbereiche, wie Politik, Ökonomie und Kultur, in Einzelstudien zur Konfliktregelung behandelt. Zunächst stellt der Autor Recht und Gesetze in den Mittelpunkt der Ausführungen. Diese können als innergesellschaftlich wirksame Konfliktsteuerungsmechanismen oder aber auch als Auslöser von Auseinandersetzungen um Rechte verortet werden. Innerstaatliche Konflikte, die ethnische Unterschiede zum Gegenstand haben, sind seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes verstärkt ins Bewußtsein der internationalen Öffentlichkeit getreten. Im dritten Kapitel geht Meyer auf die Zunahme innergesellschaftlicher Konflikte seit 1945, ethnonationalistische Konstrukte und die Zwischenstellung ethnischer Konflikte zwischen intra- und intergesellschaftlichen Konflikten als Problem der Konfliktregelung ein. Er präsentiert eine Auswahl von Quellentexten, die Einzelfälle spezifischer, an die Konstellation des ethnonationalen Konflikts angepaßter Problemlösungsstrategien vorstellen. Das abschließende vierte Kapitel widmet sich der konfliktregelnden Wirkung von Institutionen im internationalen System. Hier werden die Möglichkeiten und Grenzen internationaler Organisationen, wie UNO, NATO und OSZE, Organe (z. B. der IGH) und Regime (wie KSZE/OSZE) untersucht, internationale Konfliktregelung und Friedenssicherung effektiv zu betreiben. Schließlich geht der Verfasser in seinem Ausblick auf Zivilisierung als Instrument der Konflikttransformation ein. Er diskutiert das von verschiedenen Seiten angegriffene zivilisatorische Hexagon, wie es von Dieter Senghaas entworfen wurde, und ordnet seine Elemente derart an, daß sie nicht mehr entstehungsgeschichtlich, sondern auf die Zukunft ausgerichtet sind. Die von Senghaas benannten Anhaltspunkte für konstruktive gesellschaftliche Konfliktbearbeitung werden von Meyer unter der Perspektive gesellschaftlichen Lernens betrachtet. Allerdings ist auch ein derart verändertes normatives Zivilisierungsmodell mit negativen Entwicklungen in der internationalen Welt konfrontiert und der erwünschte Zivilisierungsprozeß kaum steuerbar. Der Verfasser gibt mit der vorliegenden Veröffentlichung einen umfassenden Überblick über das Feld der Konfliktregelung. Den Texten des Autors sind gut ausgewählte Quellentexte, die die jeweiligen Ausführungen ergänzen und erweitern, zur Seite gestellt. Der Band erfüllt seinen Zweck als Lehrbuch für Studierende der Friedens- und Konfliktforschung auf exemplarische Weise. Darüber hinaus kann er für alle in den internationalen Beziehungen Forschenden als hilfreiches Kompendium dienen.
Patricia Bauer (PB)
Dr., Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 4.1 | 2.2 | 4.41 | 4.3 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Patricia Bauer, Rezension zu: Berthold Meyer: Formen der Konfliktregelung. Opladen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/3296-formen-der-konfliktregelung_4313, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 4313 Rezension drucken