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Robert Meyer

Europa zwischen Land und Meer. Geopolitisches Denken und geopolitische Europamodelle nach der "Raumrevolution"

Göttingen: V&R unipress 2014 (Bonn University Press); 416 S.; 54,99 €; ISBN 978-3-8471-0240-3
Politikwiss. Diss. Bonn; Begutachtung: T. Mayer, V. Kronenberg. – Robert Meyer widmet sich dem geopolitischen Europamodell deutscher, französischer und US‑amerikanischer Theoretiker seit dem Ende des Kalten Krieges. Er zielt auf die vorherrschenden Vorstellungen zu den Schwerpunkten Europas räumlich‑politischer Orientierung und der hierin angelegten Ideen geopolitischer Ordnungsstrukturen ab. Dabei untersucht er geopolitisches Denken, will aber selbst explizit keinen geopolitischen Ansatz zur Erklärung von Policy‑Fragen anwenden beziehungsweise entwickeln. Dieses Denken zeichne sich dadurch aus, dass es „den spezifischen geographischen Grundmustern eine zentrale Bedeutung für die Entwicklung der politischen Wirklichkeit“ (15) beimesse und Geografie als eine grundlegende Determinante politischer Entwicklungen verstehe. Meyer grenzt seine Arbeit im Sinne „einer bewusstseinsgeschichtlichen Perspektive, die den Wirklichkeitsbezug des geopolitischen Denkens betont“ (18), von postmodernen, konstruktivistischen und diskursiven Ansätzen der kritischen Geopolitik ab. Grundlegend für seine Untersuchung sind dabei die Annahmen, dass die Fragen nach Europas strategischer Ausrichtung und geopolitischer (Ein‑)Ordnung in Abhängigkeit der jeweiligen geografischen Räume – von Meyer als „atlantische[s] und eurasische[s] Vorfeld“ (30) bezeichnet – beantwortet werden und sich hieraus grundsätzlich lediglich zwei Optionen ergeben: Europas Anlehnung oder – alternativ – Gegenmachtbildung gegenüber diesen Regionen. Abhängig ist diese Entscheidung seiner Annahme zufolge davon, welchem der alternativen Vorfelder der Vorzug gegeben wird. Die Erläuterung und Untermauerung dieser Thesen bilden den Kern der Untersuchung und nehmen – im Anschluss an eine Einführung in die Ideengeschichte geopolitischen Denkens, ihrer grundlegenden Ingredienzien (Raum, Macht, [staatliche] Politik) sowie alternativen Paradigmen – zwei Drittel der Arbeit ein. Nach Meyer ist für geopolitische Denker nach dem Ende des Ost‑West‑Gegensatzes die Zurechnung Europas zum „atlantischen Bezugskreis“ (141) mit einer Anlehnung an die USA als Hegemon verbunden gewesen. Ausschlaggebende Argumente hierfür seien das Interesse an einer Pax Americana, Ängste vor amerikanisch‑europäischer Entfremdung und über strategische und wirtschaftliche Motive hinaus normative Aspekte (z. B. kulturelle Verbundenheit) gewesen. Demgegenüber stehe die Vorstellung einer europäischen bzw. eurasischen Gegenmachtbildung. Meyer zufolge wird hier entweder für eine Verbindung mit Russland als „Gegenentwurf zum atlantischen Europa“ geworben oder Europa sogar „das eigenständige Potential, als globale Ordnungsmacht auftreten zu können“ (322), zugestanden.
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Rubrizierung: 4.24.222.614.1 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Robert Meyer: Europa zwischen Land und Meer. Göttingen: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38510-europa-zwischen-land-und-meer_46562, veröffentlicht am 11.06.2015. Buch-Nr.: 46562 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken