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Joachim Helfer / Klaus Wettig (Hrsg.)

Durchgefressen und durchgehauen. Schriftstellerinnen und Schriftsteller gratulieren der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zum 150. Gründungsjahr

Göttingen: Steidl 2013; 255 S.; 18,- €; ISBN 978-3-86930-611-7
Was war es einst für eine Euphorie gewesen, als die Sozialdemokraten unter Willy Brandt das Bündnis der Facharbeiterschaft mit den Intellektuellen schmiedeten. Besonders die schreibende Zunft unterstützte nahezu geschlossen die SPD in Wahlkämpfen und trug so zu großen Wahlsiegen bei. – Abgesehen davon, dass solche Verklärungen selten gut tun: Im 150. Jahr ihrer Existenz hat die SPD beileibe nicht mehr die Akzeptanz, die sie einst hatte. Das gilt mit Blick auf die Arbeiter wie die Geistesgrößen im Land. Die Herausgeber Joachim Helfer und Klaus Wettig haben bei der Zusammenstellung dieses Buches zwar versucht, an vergangene Zeiten anzuknüpfen. Doch auch sie müssen konstatieren, dass sich insgesamt ein „ernüchtertes Verhältnis zwischen Schriftstellern und Parteiendemokratie“ (10) entwickelt hat. Was in den 31 Beiträgen daher zum Ausdruck kommt, ist – eingebettet in verschiedene Genres wie Gedicht, Essay oder Erfahrungsbericht – viel Nostalgie, teils verklärend, teils aufrichtig begeistert, teils auch ein wenig frustriert. Für einen solchen Band mag das sicherlich angemessen sein und vor allem ist es überaus kurzweilig zu lesen. Dennoch offenbart sich jenseits der Beiträge etwas Tiefergehendes. Denn bezeichnend ist, wer zu Wort kommt und wer nicht. Es sind vorwiegend alte Recken wie Günter Grass, Klaus Staeck, Oskar Negt oder Johano Strasser, die ihre Beiträge leisten. Dazu kommen immerhin einige, deren politische Primärsozialisation in die 1970er‑Jahre fällt, darunter Autoren mit DDR‑Hintergrund wie Ingo Schulze oder Jens Sparschuh. Es fällt aber geradezu auf, dass fast kein jüngerer Schriftsteller sich hierin äußert und gratulieren will. Weder Juli Zeh noch Nikol Lubi? haben anscheinend – trotz dokumentierter Nähe zur SPD – der traditionsreichen Partei etwas mitzugeben. Möglicherweise wurden sie auch gar nicht von den Herausgebern angefragt. Vielleicht dokumentiert dieses Werk daher ein wenig die drohende Austrocknung des Intellektuellen in der Politik. Gerade diejenigen, die unsere Gesellschaft künftig publizistisch prägen werden, bleiben abstinent, selbst in Bezug auf eine ansonsten so aufgeschlossene Partei wie die SPD. Das ist bedauerlich.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.331 | 2.31 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Joachim Helfer / Klaus Wettig (Hrsg.): Durchgefressen und durchgehauen. Göttingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36291-durchgefressen-und-durchgehauen_43952, veröffentlicht am 17.10.2013. Buch-Nr.: 43952 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken