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Clemens Benedikt

Diskursive Konstruktion Europas. Migration und Entwicklungspolitik im Prozess der Europäisierung

Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2004; 280 S.; pb., 24,90 €; ISBN 3-86099-798-X
Politikwiss. Diss. - Benedikt untersucht die Vorstellung eines vereinten Europas in zwei spezifischen Politikfeldern und beginnt Anfang der 90er-Jahre. Er analysiert detailliert die Migrations- und die Entwicklungshilfepolitik der EU anhand von Dokumenten der Kommission, des Parlaments und des Rates sowie von internationalen Organisationen und NGOs. In Anlehnung an Benedict Andersons Begriff der „imagined community“ und der theoretischen Konzeption einer diskursiven Konstruktion von Europa (nach Foucault, Delanty und Hall) zeigt der Autor, wie sich die Vorstellung von einem „Europa“ als ein „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ im Diskurs der Europäischen Union etabliert hat. Ziel der Arbeit ist es, die Wechselwirkungen von Vorstellungen, Rollendefinitionen, politischen Prioritäten und der Institutionalisierung des europäischen Projekts nachzuzeichnen. Benedikt zeigt, dass die Begriffe „Europa“ und „Europäische Union“ im Diskurs der EU-Institutionen gleichbedeutend verwendet werden. „Europa“ werde explizit nicht als ein homogener kultureller Raum, sondern als eine Wertegemeinschaft, die zugleich „universell“ und „europäisch“ ist, gedacht und als Notwendigkeit in Bezug auf „Bedrohungen“ und „Herausforderungen“ von „Außen“ behauptet. Da dieses „Europa“ nur politisch vorgestellt wird, ist es zwar weniger exklusiv, jedoch werde die kulturelle „Leerstelle gegenwärtig zunehmend mit der Vorstellung von Sicherheit gegenüber äußeren Bedrohungen gefüllt“ (263). Benedikt skizziert dazu die vielfältigen Mechanismen der Identifikationenstiftung: Sicherheitsversprechen für die EU-Bürger, die positive Darstellung eines gemeinsamen „Europas“, die Projektion „äußerer“ Gefahren und die zivilisatorische „Rückständigkeit“ der „Anderen“. Diese auf einer Vielzahl von EU-Dokumenten basierende Analyse bietet einen interessanten Einblick in politische Aushandlungsprozesse und erweitert dank der diskursanalytischen Methode das Verständnis für ein aktuelles kontroverses Thema.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 3.5 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Clemens Benedikt: Diskursive Konstruktion Europas. Frankfurt a. M.: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14273-diskursive-konstruktion-europas_25741, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25741 Rezension drucken