Rechtswiss. Habilitationsschrift Lüneburg; Gutachter: E. Brandt, W. Erbguth, F. Frank. – In seiner umfangreichen Schrift unternimmt Sanden eine grundsätzliche, interdisziplinäre Betrachtung der Probleme und der Entwicklung eines Reformmodells für den deutschen Bundesstaat. Er wählt einen sehr eigenen Ansatz. Der postmoderne Charakter seiner Überlegungen liegt in erster Linie im bewussten Abschied von dem Anspruch, eine einheitliche Bundesstaatstheorie zugrunde legen zu sollen. Kerngedanken der Bundesstaatsentwicklung werden damit „radikale Pluralität und Heterogenität“. Von besonderer Relevanz für die konkreten Vorschläge ist die Annahme eines Bedeutungsverlustes von Institutionen und damit die Akzentuierung von Kooperationsformen und die „Kultivierung des neuen, föderalen Miteinanders“ (1.165). Wesentliches Kriterium für die Güte einer bundesstaatlichen Ordnung und ihrer Entwicklung ist „Gerechtigkeit“, die nicht statisch festzustellen ist und deren Bestimmung ökonomische Überlegungen einbezieht. „Der postmoderne Bundesstaat ist latent ungerecht, aber möglichst gerecht.“ (703) Sandens Reformvorschlag umfasst eine Neugliederung des Bundesgebietes, eine Neuverteilung der Kompetenzen, eine Reform der Finanzverfassung sowie die Etablierung eines vollkommen neuen Konfliktlösungsmechanismus in Kompetenzfragen, bei der die revitalisierte „Gemeinsame Verfassungskommission“ von Anfang der 90er-Jahre eine zentrale Stellung erhält. Der Autor hat seinen Reformüberlegungen eine fast 500 Seiten umfassende „Schwachstellenanalyse“ des bundesrepublikanischen föderalen Systems vorangestellt, in der er die bekannten Problemfelder detailliert untersucht. Lediglich im Bereich der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen macht sich dabei bemerkbar, dass die Schrift bereits 2003 abgeschlossen wurde, sodass die neuesten Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die in Teilbereichen der konkurrierenden und Rahmengesetzgebung des Bundes engere Grenzen gezogen haben, nicht berücksichtigt werden konnten.