Jeder Gegenstand, dem man sich – ob wissenschaftlich oder nicht – anzunähern versucht, verliert umso mehr seine Konturen, je näher man ihm kommt. Das gilt – so verdeutlichen es die stark rechtswissenschaftlich akzentuierten Beiträge dieser Retrospektive auf das Werk Rolf Grawerts eindrücklich – auch für die moderne, demokratisch verfasste Staatlichkeit. So zeigt Volker Epping in seinem Beitrag die mit dem Versuch der adäquaten Betrachtung eines Gegenstandes einhergehenden Schwierigkeiten exemplarisch anhand einer Annäherung an die Europäische Union auf. Das, was das Bundesverfassungsgericht einmal als Staatenverbund bezeichnet hat, ist nicht erst seit dem Lissabonner Vertrag nur schwerlich mit einer bloßen internationalen Organisation, geschweige denn mit einem Staat gleichzusetzen. Dafür, so Epping, fehle der EU nach wie vor das Staatsvolk, das trotz aller bisherigen Bemühungen zur Vergemeinschaftung legitimatorisch wie demokratisch noch primär auf nationaler Ebene verhaftet sei. Auf der der EU in Sachen Manifestation von Staatlichkeit diametral entgegengesetzten Seite ist die kommunale Ebene staatlichen Handelns verortet. Hier konzediert Wolf‑Rüdiger Schenke mit Blick auf die aktuelle deutsche Rechtsprechung eine Ausweitung der Autonomie kommunaler Selbstverwaltung gegen die Interventionen des Nationalstaates. Der Nationalstaat – so zeigt sich in der Zusammenschau allein dieser beiden Beiträge – erweist sich als ambivalente, wenn nicht gar zerrissene Entität, deren Konturierung oder eben „Vermessung“ einige Schwierigkeiten bereitet. Die Beiträge des Bandes gehen zurück auf ein Symposium an der Ruhr‑Universität Bochum, an der Rolf Grawert von 1974 bis 2002 den Lehrstuhl für Öffentliches Recht innehatte.