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Zoltán Tibor Pállinger

Die politische Elite Ungarns im Systemwechsel 1985-1995

Bern/Stuttgart/Wien: Verlag Paul Haupt 1997 (St. Galler Studien zur Politikwissenschaft 20); XII, 368 S.; kart., 76,- DM; ISBN 3-258-05699-4
Diss. St. Gallen; Erstgutachter: J. M. Gabriel. - Mittels einer Verknüpfung von System- und Akteurstheorie bemüht sich der Verfasser um eine Erklärung des Elitenwandels in Ungarn zwischen der Spätphase des Kádárismus und dem ersten Jahr der sozialistisch-liberalen Regierung Horn. Entgegen dem Titel liegt der (quantitative) Schwerpunkt dabei auf einer Analyse der ungarischen Politik und der Eliten seit dem Volksaufstand 1956. Pállinger weist auf, daß die als "Lebensstandardpolitik" bezeichnete, seit den 60er Jahren praktizierte Strategie der Depolitisierung bei gleichzeitiger Steigerung des Konsumniveaus in den 80er Jahren in ein verändertes Muster der Elitenrekrutierung gemündet ist: fachliche Kompetenzen gewannen gegenüber der Parteiloyalität an Bedeutung. In der Konsequenz bildeten sich innerhalb der Staatspartei Reformzirkel, die sich Ende der 80er Jahre mit der neu entstehenden gemäßigten Opposition verbünden. Diese sogenannten Brückenbauer aus den Reihen der Opposition und der sozialistischen Reformer erst hätten den friedlichen und geordneten Systemwechsel ermöglicht. Dem Systemwechsel ist also bereits vor der ausgehandelten Revolution ein zumindest partieller Elitenwechsel vorausgegangen. Überzeugend zeigt der Verfasser, daß systemtheoretische Zugänge zwar einerseits den Zusammenbruch des Kádárismus erklären und andererseits die Funktionsbedingungen für eine bestandsfähige Demokratie formulieren können. Der Modus des Umbruchs läßt sich aber erst unter Einbeziehung der Nutzenkalküle der beteiligten Akteure, das heißt mit Hilfe akteurstheoretischer Zugänge modellieren. Die ungarische Demokratie betrachtet Pállinger bereits Mitte der 90er Jahre aufgrund einer weitreichenden Elitenkonvergenz als konsolidiert - ein Befund, der empirisch nur schwach untermauert ist. Insgesamt bietet die Dissertation eine sachkundige, theoretisch gehaltvolle, wenn auch hinsichtlich der Gewichtung ihrer Hauptteile nicht unproblematische Analyse des System- und Elitenwechsels in Ungarn. Inhaltsübersicht: I. Systemwechsel und Eliten: Ein theoretischer Rahmen; II. Von der Diktatur zur Demokratie: Die Geschichte Ungarns (1956-1995); III. Die politische Elite Ungarns und der Systemwechsel: Analyse.
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 2.62 | 2.2 | 2.24 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Zoltán Tibor Pállinger: Die politische Elite Ungarns im Systemwechsel 1985-1995 Bern/Stuttgart/Wien: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/5741-die-politische-elite-ungarns-im-systemwechsel-1985-1995_7466, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7466 Rezension drucken