Die Lage der nicht türkischen Völker und Volksgruppen in der Türkei vor dem Hintergrund der EU-Standards zum Minderheitenschutz
Das Buch stellt die Ergebnisse einer von der DFG geförderten Studie vor. Darüber hinaus umfasst sie auch weiterführende Forschungen. Die Mitarbeiter_innen des DFG‑Projekts sind der Frage nachgegangen, ob und inwieweit die Türkei im Umgang mit ihren nicht‑türkischen Bevölkerungsteilen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht den europäischen Grundrechtsstandard und damit die EU‑Beitrittserfordernisse erfüllt. Gegenstand der Untersuchung sind damit diejenigen Völker und Volksgruppen, die sich durch ethnische, gegebenenfalls zusätzlich auch durch sprachliche, religiöse und kulturelle Gemeinsamkeiten von der türkisch‑sunnitischen Bevölkerungsmehrheit unterscheiden. Für die Beantwortung erarbeiten sich die Autor_innen die im Europarecht verankerten Definitionen von Völkern und Volksgruppen sowie deren Rechtsstellung. Wie sie in diesem Teil der Untersuchung feststellen, fehlen bislang verbindliche Definitionen, was dazu führt, dass auch eine effektive Durchsetzung des Schutzes von Minderheiten nicht garantiert werden kann. Vor diesem Hintergrund blicken Neyire Akp
rnal und Arno Scherzberg auf die türkische Rechtsgrundlage und die Rechtsprechung der Obergerichte. Neben juristischen Dokumenten haben sie auch Presseartikel, die Fortschrittsberichte der EU‑Kommission und aktuelle Darstellungen türkischer Menschenrechtsorganisationen analysiert sowie mehr als 200 Interviews vor Ort geführt, um die tatsächliche Situation einschätzen zu können. Besonders hervorzuheben ist, dass das Autorenduo in seiner Studie nicht nur auf den Status quo der aktuellen Situation abstellt, sondern auch historische Entwicklungen in der Türkei einbezieht – beispielsweise das Nationalstaatskonzept, den Assimilationsdruck, Geheimbunde zwischen hohen Funktionären etc. Dadurch erlangt die inhaltlich und methodisch überzeugende sowie sprachlich exzellente Arbeit zusätzliche Tiefe, die dem Verständnis der Situation und damit der Beantwortung der Frage entgegenkommt. Insgesamt konstatieren Akp rnal und Scherzberg, dass sich der Schutz der Rechte der nicht‑türkischen Völker und Volksgruppen in der Türkei verbessert hat, aber noch immer hinter den grundrechtlichen Standards des EU‑Rechtssystems zurückbleibt.