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Stefan Parhofer

Die funktional-orientierte Demokratie. Ein politisches Gedankenmodell zur Zukunft der Demokratie

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010 (VS Research); 271 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-531-17521-8
Der Physiker Parhofer hat ein Gedankenmodell für unsere Demokratie vorgelegt, das seiner Ansicht nach zentrale Schwächen des derzeitigen Systems überwindet. Als Ausgangspunkt seiner Überlegungen konstatiert er eine große Unzufriedenheit der Bürger mit der Performanz ihrer Demokratie. Deren Stabilität wertet er auch als Ausdruck mangelnder Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen. Im ersten Teil des Buches konzentriert er sich auf die Diagnose dieser Defizite. Parhofer kritisiert, dass der Wähler seinen Willen nicht differenzierter, also bezogen auf einzelne Politikfelder, äußern kann. Dass Parteien einigermaßen den Wählerwillen auf Basis verbreiteter Wertemuster bündeln würden, sei eine „Fiktion“ (33). Gerade weil alles komplexer werde, sei Politik aus einem Guss nicht möglich und auch gar nicht nötig. Zudem kritisiert Parhofer die Tendenz zu immer mehr Staatsschulden – obwohl die Politik sich ja gerade erst zu einer Schuldenbremse durchgerungen hat. Im zweiten Teil folgt die Erläuterung seines Modells, in dem es neben Ressortparlamenten noch ein Staatsparlament geben soll, das etwa für Verfassungsänderungen oder Kompetenzstreitigkeiten zuständig wäre. Da es keinen Kanzler mehr gäbe, würde der Staatspräsident nach außen repräsentieren. Im Anhang setzt sich Parhofer zudem mit möglichen, meist liberalen Reformmöglichkeiten des Sozialsystems auseinander. Es ist jedoch fraglich, ob die Wähler fundierte Entscheidungen in hochkomplexen Sachfragen treffen könnten, die selbst Abgeordnete mitunter überfordern. Fragwürdig ist auch die Einschätzung, es bedürfe heutzutage keines Regierungschefs, der die grobe Richtung vorgibt. Dessen ungeachtet ist dem Autor ein origineller Denkanstoß gelungen, der zumindest theoretisch den negativen Zusammenhang zwischen demokratischer Mitwirkung der Bürger und Handlungsfähigkeit des Staates durchbrechen kann.
Dirk Burmester (DB)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Angestellter der Freien und Hansestadt Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 5.41 | 2.3 | 2.22 | 2.331 | 2.26 | 2.34 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Stefan Parhofer: Die funktional-orientierte Demokratie. Wiesbaden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32773-die-funktional-orientierte-demokratie_39144, veröffentlicht am 30.08.2010. Buch-Nr.: 39144 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken