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Peter Beinart

Die amerikanischen Juden und Israel. Was falsch läuft. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer

München: C. H. Beck 2013; 320 S.; geb., 24,95 €; ISBN 978-3-406-64547-1
Der New Yorker Politologe Peter Beinart schreibt in der Einleitung über seine jüdische Großmutter, die wegen ihres Glaubens mehrmals im Leben fliehen musste: Die Existenz des Staates Israel „beruhigte sie, tröstete sie, gab ihr Halt“ (8). Diese Form des Zionismus, der Juden einen Zufluchtsort bieten wolle, verstehe und teile er. Wenn er aber Berichte über Palästinenser sehe, die von israelischen Sicherheitskräften menschenunwürdig behandelt würden, merke er, dass an die Stelle der jüdischen Ohnmacht der Vergangenheit jüdische Macht getreten sei. Gerade die amerikanischen Juden verschlössen davor aber die Augen. „Da wir Juden kaum über unsere neue Macht sprechen, wird uns nicht bewusst, dass diese Macht auch missbraucht werden kann.“ (12) Beinart will mit seiner Mischung aus Feldstudie und Essay die amerikanischen Juden von einer zu unkritischen Unterstützung der israelischen Politik abbringen. Er analysiert detailliert das schwierige Verhältnis zwischen US‑Präsident Barack Obama und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die fast gehässig ausgewählte Momentaufnahme auf dem Cover zeigt die beiden Politiker in keinem guten Licht: Netanjahus festgefrorene Mimik wirkt säuerlich trotzig, Obama starrt, die Augen halb geschlossen, grimmig zurück. Der israelische Premier unterstütze bisher konsequent republikanische Präsidentschaftskandidaten. Der US‑Präsident habe wiederum in der Vergangenheit deutliche Kritik am Siedlungsbau der israelischen Regierung geäußert. Auf Druck der großen jüdisch‑amerikanischen Organisationen habe er diese Kritik aber weitgehend aufgegeben. Beinart bewertet die Siedlungspolitik als völker‑ und menschenrechtswidrig. Die Besatzungspolitik Israels zerstöre die zionistische Utopie. Nicht‑orthodoxe Juden in den USA wendeten sich vom Staat Israel ab, dessen Politik sie nicht mittragen wollten. Die Agenda der jüdischen Lobbyorganisationen werde „weiterhin von einem Establishment vorgegeben, das die Unterstützung für Israel mit der Unterstützung der Politik der israelischen Regierung gleichsetzt“ (187). Beinart hat eine klare Meinung und Mission, diskutiert aber sachlich und belegt seine Argumente überzeugend. Die plakative Aufmachung der deutschen Ausgabe und der triviale Untertitel werden Beinarts seriöser Arbeit nicht gerecht.
Wolfgang Denzler (WDE)
Diplom-Journalist, Student, Institut für Politikwissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.64 | 2.22 | 2.23 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Peter Beinart: Die amerikanischen Juden und Israel. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35854-die-amerikanischen-juden-und-israel_43825, veröffentlicht am 13.06.2013. Buch-Nr.: 43825 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken