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Andreas Fischer-Lescano / Joachim Perels / Thilo Scholle (Hrsg.)

Der Staat der Klassengesellschaft. Rechts- und Sozialstaatlichkeit bei Wolfgang Abendroth

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Staatsverständnisse 51); 275 S.; pb., 29,- €; ISBN 978-3-8329-6160-2
Wolfgang Abendroth gilt als einer der schulbildenden Väter der bundesdeutschen Politologie. Unter den Ordinarien der ersten Generation steht er am weitesten auf der Seite der politischen Linken. In der Reihe „Staatsverständnisse“ sind bereits zuvor Politikwissenschaftler gewürdigt worden (u. a. Hannah Arendt, Otto Kirchheimer, Hermann Heller, Franz L. Neumann) und auch dieser von den Juristen Andreas Fischer-Lescano und Thilo Scholle gemeinsam mit dem Politologen Joachim Perels herausgegebene Band folgt dem bewährten Muster, nicht in Form einer Überblicksdarstellung aus einer Feder, sondern durch Einzelstudien zu verschiedenen Facetten in Leben und Werk einzuführen. Dabei wird unter anderem der theoretische Rahmen ausgeleuchtet: die Kritik der kapitalistischen Klassengesellschaft. Abendroth war vermutlich einer der letzten Intellektuellen in Deutschland, der konsequent und Zeit seines Lebens die „Marx’sche Methode [...] bei der Analyse der Politik wie der Rechtsverhältnisse anwandte“ (Frank Deppe, [96]). Mehr noch: Als Linkssozialist, aktiver antifaschistischer Widerstandskämpfer und „Partisanen-Professor im Lande der Mitläufer“ (so sein bekanntester Schüler Jürgen Habermas) – Abendroth war aus einem Strafbataillon der Wehrmacht desertiert und hatte sich der kommunistischen griechischen Widerstandsbewegung angeschlossen, wie Gregor Kritidis in einem biografischen Überblick in Erinnerung ruft –, blieb Abendroth auch in der Bundesrepublik dem „Klassenkampf“ verbunden. Er rang mit den politischen Positionen der SPD, die den SDS-Unterstützer 1961 ausschloss, ebenso wie mit dem „realen Sozialismus“ (39 ff.). In seinem Staatsverständnis knüpfte er unmittelbar an das Grundgesetz an und setzte sich mit dem Gehalt des Sozialstaatsgebots nach Art. 20 Abs. 1 auseinander (siehe den Beitrag von Peter Römer). Diesem Gedanken folgten beispielsweise seine Gewerkschaftskonzeption (Hans-Jürgen Urban) und sein Begriff von Wirtschaftsdemokratie (Oliver Eberl/David Salomon). Mit dem Komplex der „sozialen Demokratie“ (197 ff.) sind Fragen angesprochen, die auch für die gegenwärtige politikwissenschaftliche Debatte aktuell bleiben und eine erneute Lektüre Abendroths wertvoll machen.
Gideon Botsch (GB)
Dr., Dipl. Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam (http://www.mmz-potsdam.de).
Rubrizierung: 5.46 | 5.41 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Gideon Botsch, Rezension zu: Andreas Fischer-Lescano / Joachim Perels / Thilo Scholle (Hrsg.): Der Staat der Klassengesellschaft. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35561-der-staat-der-klassengesellschaft_42905, veröffentlicht am 13.12.2012. Buch-Nr.: 42905 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken