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Judy Dempsey

Das Phänomen Merkel. Deutschlands Macht und Möglichkeiten

Hamburg: edition Körber-Stiftung 2013; 201 S.; brosch., 16,- €; ISBN 978-3-89684-097-4
„Frau Merkel, Sie werden Kanzlerin von Deutschland. Wie geht es Ihnen? Sind Sie jetzt glücklich?“ „Mir geht es gut. Ich bin in einem Zustand gespannter Aufmerksamkeit.“ (9 f.) Judy Dempsey erregte mit dieser in einer Pressekonferenz gestellten Frage an die frisch gewählte Bundeskanzlerin 2005 große Aufmerksamkeit in den Medien. Die trockene Antwort schien Angela Merkels Persönlichkeit anschaulich widerzuspiegeln. Für die irische Journalistin war dieser Eindruck der Grund, den vielen bereits existierenden Merkel‑Büchern ein weiteres hinzuzufügen. Als ausländische Journalistin habe sie einen größeren Abstand zur Kanzlerin und ihrer Politik, das ermögliche ihr einen klareren Blick. Dempseys Schwerpunkt liegt auf Deutschlands Rolle in Europa und der Welt. Das Land sei sich seiner wachsenden Macht zunehmend bewusst, doch es scheue „davor zurück, die Möglichkeiten dieser Macht wirklich auszuschöpfen“ (10). Ähnliches gelte für Merkel selbst. Sie sei wahrscheinlich die mächtigste Frau der Welt, schöpfe ihr Potenzial in Außen‑ und Innenpolitik aber nicht aus. Die Korrespondentin spricht es der Kanzlerin ab, größere Visionen oder Strategien für das Land zu haben. Manchmal habe sie den Eindruck, „dass es Merkel schon reicht, Kanzlerin zu bleiben.“ (187) Das sei nicht immer so gewesen, in ihren Anfangsjahren habe sich Merkel noch für Umweltschutz und Menschenrechte eingesetzt, heute gebe sie meist wirtschaftlichen Interessen den Vorrang vor grundlegenden Werten. Merkel sei schnell zu einer „Machtpolitikerin ersten Ranges“ (189) geworden, die zwar „vieles erreicht“, aber „noch mehr hat liegen lassen“ (190) in ihrer bisherigen Regierungszeit. Die Deutschen störe das aber nicht, sie vertrauten der Kanzlerin unverändert. Dempsey gesteht am Ende ihres Buches ein, dass auch sie das Phänomen Merkel nicht vollständig ergründen könne und es schwer sei, der Privatperson hinter dem Amt näherzukommen. Es sind dann auch die meisten der im Buch erwähnten Anekdoten, die andeuten sollen, dass es noch ein anderes als das öffentliche Bild von Merkel gibt, schon mehrfach erzählt worden – etwa Merkels Hundephobie oder ihr Talent, Politikerkollegen nachzuahmen.
Wolfgang Denzler (WDE)
Diplom-Journalist, Student, Institut für Politikwissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3 | 2.322 | 3.7 | 4.21 | 2.64 | 2.63 | 2.343 | 2.342 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Judy Dempsey: Das Phänomen Merkel. Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35985-das-phaenomen-merkel_43975, veröffentlicht am 25.07.2013. Buch-Nr.: 43975 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken