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Stephan Sandkötter (Hrsg.)

Bildungsarmut in Deutschland und Brasilien

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2010 (Aktuelle Probleme moderner Gesellschaften 2); 132 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-631-59748-4
„Deutschland und Brasilien haben eine auffällige Gemeinsamkeit“, hält der Herausgeber einleitend fest: „In wenigen Ländern der Welt ist der Zusammenhang von sozialer Herkunft und individuellen Chancen im Bildungssystem so frappant.“ (8) In beiden Ländern gelinge es zudem kaum, Jugendliche ohne Schulabschluss in ein formales Arbeitsverhältnis zu integrieren. Sandkötter knüpft an seinen Lehr- und Forschungsaufenthalt in Brasilien an und hat in diesem Band sechs Beiträge zusammengetragen, in denen das Thema Bildungsarmut aus der Perspektive beider Gesellschaften beleuchtet wird. Er selbst bietet zunächst einen Überblick über das Ausmaß von Bildungsarmut in Deutschland und verweist auf die besondere Gefährdung von Menschen mit Migrationshintergrund. In seinem zweiten Beitrag skizziert er die 2003 von Paul Nolte ausgelöste Debatte über neue Unterschicht und abgehängtes Prekariat und setzt sich kritisch mit den bisher verfolgten Maßnahmen zur Überwindung der Bildungsarmut auseinander. Eine Reihe pragmatischer Maßnahmen seien zwar gesellschaftlich konsensfähig, sie würden aber nicht zu einer substanziellen Entschärfung des Problems führen. Grundsätzliche Veränderungen seien kaum mehrheitsfähig, wie der Kampf um das Hamburger Reformkonzept der sechsjährigen Primarschule zeige. In den Beiträgen der brasilianischen Autorinnen und Autoren werden die Bedingungen, Chancen und Hindernisse der staatlichen Bildungspolitik in Brasilien aufgezeigt. Sie diskutieren das Thema im weiteren Zusammenhang von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Zwar wurden seit den 90er-Jahren vielfältige sozialpolitische Maßnahmen durchgeführt, sie seien aber völlig unzureichend, um die (Bildungs-)Armut zu überwinden. „Es ist unmöglich, an Inklusion zu denken, wenn Familien vom Wohlwollen der punktuellen Programme von Regierenden abhängen“ (91), kritisiert etwa Edna G. de G. Brennand und fordert eine flächendeckende digitale Inklusion. Und eine weitere Alternative zum „populistischen Assistentialismus“ (111) sieht José Francisco de Melo Neto in der solidarischen Ökonomie, deren Chancen er am Beispiel einer selbst verwalteten Zuckerrohrfabrik beschreibt.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.22 | 2.331 | 2.263 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Stephan Sandkötter (Hrsg.): Bildungsarmut in Deutschland und Brasilien Frankfurt a. M. u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32862-bildungsarmut-in-deutschland-und-brasilien_39256, veröffentlicht am 08.12.2010. Buch-Nr.: 39256 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken