Nach Ansicht von Schwan, Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governance und Professorin für Politikwissenschaft, hat das traditionsreiche sozialdemokratische Versprechen, mittels Bildung aufsteigen zu können, seine Überzeugungskraft verloren. Sie kritisiert, dass der Bildungserfolg vielmehr wieder verstärkt zu einer Frage der sozialen Herkunft werde: Die Mehrheit der 80.000 jungen Menschen, die jährlich die Schule ohne einen Abschluss verließen, komme aus sozial schlechter gestellten Verhältnissen oder verfüge über einen Migrationshintergrund. Schwan erörtert nun die historischen Entwicklungszusammenhänge der sozialdemokratischen Bildungsethik und diskutiert diese anschließend in Bezug auf die politischen Herausforderungen der Gegenwart. Dabei spannt sie den Bogen von den anfänglichen Bemühungen der Arbeiter, bürgerliche Bildung zu erlangen, über das Godesberger Programm und den Bildungsnotstand der 60er-Jahre sowie der Einführung der Gesamtschule bis hin zur Anerkennung der Tatsache, das Deutschland ein Einwanderungsland geworden sei. In dem Abschnitt „Fallen der neuen Steuerungsphilosophie“ (35) warnt Schwan dann vor einer Politik, in der Bildung zu einem Produkt wird. Sie vertritt die Auffassung, dass Bildung damit ihren Wert verliere. Die Autorin verweist auf die Immaterialität von Bildung und auf die Langfristigkeit ihrer Investitionsvoraussetzungen. Diese würden das „Produkt Bildung“ (35) von Schuhen, Bohrmaschinen oder Internetangeboten unterscheiden. In diesem Zusammenhang hinterfragt sie die gängige Praxis der Kontrolle der Hochschulen, die den zuständigen Ministerien Produkt- und Leistungsbeschreibungen liefern müssten. Darüber hinaus wendet sie sich gegen die Privatisierung öffentlicher Güter und fordert das Verhältnis von privatem und öffentlichem Gut zugunsten der öffentlichen Güter neu zu verorten. Bildung ist ihrer Auffassung nach also ein zutiefst öffentliches Gut.