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Elke Leonhard

Aus der Opposition an die Macht. Wie Rudolf Scharping Kanzler werden will

Köln: Bund-Verlag 1995; 349 S.; geb., 39,90 DM; ISBN 3-7663-2623-6
Leonhard will "das traditionelle Links-Rechts-Schema in der SPD" durchbrechen. Als "Versuch [...] eines innerparteilichen Brückenschlags" stellt sie ihre "linke" innenpolitische Position einer "rechten", nicht-isolationistischen Position in der Außenpolitik gegenüber (12). Besondere Aufmerksamkeit widmet sie Scharping, der im Untertitel als Galionsfigur einer zur Macht strebenden SPD erscheint. In der ersten, innenpolitisch orientierten Hälfte zeichnet die Autorin, selbst SPD-MdB, die Höhen und Tiefen der Partei von der Bundestagswahl 1990 bis zum Frühjahr 1995 nach. Neben eigenen Beobachtungen basiert diese Bestandsaufnahme auf Protokollen, Archivmaterial und Meinungsumfragen. Die Darstellung personeller und programmatischer Entwicklungen geht ineinander über. Inhaltlich beurteilt die Autorin den Kompromiß im Asylrecht, die Zustimmung zum Verbrechensbekämp­fungsgesetz und den Solidarpakt als Brüche mit sozialdemokratischen Prinzipien. Zudem äußert sie deutliche Kritik an Führungspersonen: Schröder sei ein "Hauptdarsteller des absurden Theaters" (39) beim Gezerre um den Vorsitz im Vermittlungsausschuß nach der Wahl 1994 gewesen. Scharpings Konzept, sich auf die drei Themen "Arbeit, Arbeit, Arbeit" zu konzentrieren, habe "nicht unmaßgeblich zu den Wahlniederlagen des Jahres 1994" (145 f.) beigetragen. Die im Klappentext des Buches angekündigte "notwendige Kritik" erfolgt oft durch das Zitieren überregionaler Zeitungen und Nachrichtenmagazine. In der zweiten Hälfte wendet sich Leonhard der Außenpolitik zu. Hier fehlten "charismatische Strategen", die Partei sei in "ideologischer Verharrung" (216). In der Sicherheitspolitik vertritt sie die "rechte", nicht-isolationistische Position. In der Außenwirtschaftspolitik breitet sie bekannte Ansätze zum Thema "Deutschland und Europa in der Weltwirtschaft" aus. Griffiger sind dabei die wenigen Punkte, bei denen die Politik der Koalition konkret kritisiert und somit eine Trennlinie ersichtlich wird. Unter der abschließenden Fragestellung "Was ist heute links?" werden u. a. Positionen von Andre´ Gorz, Dahrendorf und Habermas, aber auch von Glotz, Zöpel und Lafontaine referiert. Leonhards eigene Positionen in den von ihr thematisierten Politikfeldern ergeben kein geschlossenes Konzept für einen Machtwechsel. Dafür fehlen z. B. strategische Überlegungen und inhaltliche Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern und potentiellen Koalitionspartnern. Die Kombination der scheinbar gegensätzlichen Positionen kann aber ein wichtiger Diskussionsbeitrag für die Willensbildung in der SPD sein. Das althergebrachte Links-Rechts-Schema wird als politikfeldübergreifendes Orientierungsmuster durchbrochen und jeweils auf die Bereiche Innenpolitik und Außenpolitik begrenzt.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.331 | 2.321 | 2.34 | 5.4 Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Elke Leonhard: Aus der Opposition an die Macht. Köln: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/315-aus-der-opposition-an-die-macht_59, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 59 Rezension drucken