Afrikanisches Gewohnheitsrecht und die südafrikanische Verfassung. Die afrikanische Rechtstradition im Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Kultur und anderen Menschenrechten
Diss. Göttingen. – Lehnert erörtert die Stellung des Gewohnheitsrechts in der südafrikanischen Verfassung von 1996. Als zentrales Problem des Rechtsdualismus von Gewohnheitsrecht einerseits und westlichem Recht andererseits, charakterisiert er die Konkurrenz zwischen dem Gewohnheitsrecht und den Menschenrechten in der Verfassung. Denn tatsächlich stehen Teile des verfassungsrechtlich anerkannten Gewohnheitsrechtes im Konflikt mit den Menschenrechten, insbesondere mit den Rechten von Frauen und Kindern. Der Autor zeigt jedoch auf, dass in der Praxis beide Rechtsverständnisse gleichzeitig verwirklicht werden können. Statt der Aufhebung des Gewohnheitsrechts und seiner Substituierung durch westliches Recht, fordert Lehnert den Erhalt desselbigen, allerdings in einer durch die Menschenrechte modifizierten Form. In diesem Zusammenhang formuliert er drei Möglichkeiten, um die zwei Rechtstraditionen zu harmonisieren. Zum einen sollte das lebende Gewohnheitsrecht statt des offiziellen Gewohnheitsrechtes in der Rechtsprechung zur Anwendung kommen, da Letzteres verfälscht sei und sich Konflikte insbesondere aufgrund der „Überzeichnung der patriarchalischen Elemente“ (358) einstellten. Zudem sollten kulturelle Belange bei der Anwendung der Menschenrechte berücksichtigt werden. Ferner empfiehlt der Autor eine Weiterentwicklung des Gewohnheitsrechtes im Einklang mit den Menschenrechten.